Es gibt aus meiner Sicht einen klaren Unterschied zwischen Spiritualität und Religion. Aus einem spirituellen Weltbild resultiert zwingend ein liebevoller und akzeptierender Umgang mit jedem Mitmenschen, also auch mit scheinbar andersdenkenden. Leider beobachtet man bei Menschen der verschiedensten Religionen allzuoft eine deutliche Abneigung gegen die Anhänger anderer Weltbilder, je dogmatischer eine Lehre wird, desto elitärer verhalten sich deren Anhänger gegenüber anderen.
Zur Unterscheidung:
- Bei “Religion”, insbesondere wenn sie institutionalisiert wurde, geht es darum, bestimmten Konzepten von Gott zu folgen bzw. diesen zu glauben, das impliziert eben auch sich dadurch von anderen abzugrenzen.
- Bei “Spiritualität” geht es darum sich über jegliche Konzepte zu erheben und dadurch zu erkennen und zu erfahren was Gott tatsächich ist, jeder Glaube wird nur als Mittel zum Zweck betrachtet.
Konzepte von Gott sind von Mystikern formuliert worden um aus dem Relativen auf das Absolute zu deuten, die Frage ist, ob man an einem Modell hängt, oder ob man schaut worauf es hindeutet. Die Landkarte ist nicht die Landschaft, oder wie man in Indien sagt:
“Wenn der Weise mit dem Finger auf den Mond zeigt, sieht der Idiot nur den Finger.”
Der Sinn von allen heiligen Schriften liegt im beschreiben eines Weges zu Gott, nicht im Verkünden einer “in Beton gegossenen Wahrheit”. Bloß an irgendwelche Konzepte zu glauben entleert den Sinn der Religionen. Die ursprüngliche Intention der Religionsstifter war, einen direkten Weg zu Gott aufzuzeigen. Ich denke ein spiritueller Mensch, bzw. jemand der sich für spirituell hält, dem sollte klar sein, dass Gott nur jenseits aller Konzepte zu finden ist. Alle Konzepte, Vorstellungen, Denkmodelle, Philosophien, Glaubensbekenntnisse und Beschreibungen des Absoluten sind bloß begrenzt und unvollkommen, sie sind nur ein Hilfsmittel.
Die absolute Wahrheit kann nicht in Worte gefasst werden bzw. kein Konzept reicht aus um der größe Gottes gerecht zu werden. Daher haben religiöse Meinungen und Überzeugungen keine Bedeutung aus der Sicht des Absoluten, noch weniger Sinn macht es sich mit einer Meinung von anderen abzuheben. Alle spirituellen Konzepte sind tatsächlich nur als Arbeitsmodelle zu betrachten, sie sind wie eine Landkarte, nicht die tatsächliche Landschaft.
Jeder Andersdenkende sollte als Bereicherung gesehen werden, da wir mit dessen Hilfe unsere eigenen Modelle prüfen können. Jede Diskussion sollte nicht zum Ziel haben am Ende Recht zu haben, sondern die Weltbilder gegenseitig zu optimieren, was natürlich bedingt, dass man annimmt evtl. nicht Recht zu haben.
Außerdem: Entscheidend um zur spirituellen Verwirklichung zu kommen ist die Kultivierung von bedingungsloser und allumfassender Liebe, denn nur durch wohlwollenden Gleichmut gegenüber allem was ist kann die Einheit allen Seins erkannt werden.
Jeder Hass und jede Trennung ist nur ein Ausdruck eines begrenzten und blockierten Bewusstseins. Jede Verurteilung ist Symptom für die Unwissenheit über die absolute Wirklichkeit und spiegel eines getäuschten Geistes.
Wo bleibt noch Platz für Hass und Verurteilung wenn alles Eins ist?
Mehr dazu: “Gott” ist nur ein Wort!