Heilige Schriften im Hinduismus & Quelltexte indischer Spritualität
Im Christentum gibt es das alte und vor allem das neue Testament, im Islam den Koran und im Judentum die Torah. Im Gegensatz dazu gibt es im Hinduismus bzw. in der indischen Spiritualität einen wesentlich breiteren Korpus an heiligen Schriften, man kann sagen es gibt eine ganze heilige Bibliothek!
Der „Hinduismus“ ist zwar nur ein abstrakter Überbegriff der schwierig zu fassen ist, aber dennoch möchte ich hier die heiligen Schriften die dazu gehören aufzählen und kurz beschreiben. Es gibt sehr viele religiöse Strömungen die sich in den letzten 5000 Jahen auf dem indischen Subkontinent gebildet haben und entsprechend eben auch sehr viele Schriften die als (mehr oder weniger) heilig erachtet werden. Auser acht gelassen habe ich hier die Texte aus anderen Religionen Indiens wie Jainismus, Buddhismus und Sikhismus.
Shruti & Smriti – 2 Arten von Schriften im Hinduismus
Zunächst Mal gibt es zwei gundlegende Kategorien von Texten im Hinduismus:
- Shruti– das Gehörte
- Smriti– das Erinnerte
Zu den Shrutis werden nur die Veden gezählt, also die 4 verschiedenen Veden und deren 4 Teile. Als Smriti werden alle anderen heiligen Schriften benannt die als solche anerkannt sind und sich auf die Shrtis beziehen.
Der Begriff Smriti ist mehrdeutig, es werden auch bestimmte Gesetzestexte als „Smriti“ bezeichnet, z.B. das Manusmriti.
Die Veden – Wurzel des Hinduismus
Die Shrutis sind etwa 2000-5000 Jahre alt, die ersten 3 Teile der Veden werden vor allem für Rituale verwendet, sie wurden lange Zeit von der Kaste der Priester geheim gehalten. Sie werden als „Apaurusheya“ betrachtet- „von übersinnlicher Quelle/ nicht von Menschenhand“, sie wurden den Menschen laut Mahabharata von Brahma gegeben und dann später von Veda Vyasa geordnet und aufgeschrieben.
Die vier Veden sind:
- Rig Veda
- Sama Veda
- Yajur Veda
- Atharva Veda
Jeder dieser einzelnen Vedas besteht wiederum aus vier Abschnitten:
- Samhitas
- Brahmanas
- Aranyakas
- Upanishads
Die Shrutis sind etwa 2000-5000 Jahre alt, die ersten 3 Teile der Veden werden vor allem für Rituale verwendet, sie wurden lange Zeit von der Kaste der Priester geheim gehalten. Sie werden als „Apaurusheya“ betrachtet- von übersinnlicher Quelle/ nicht von Menschenhand, sie wurden den Menschen laut Mahabharata von Brahma gegeben und dann später von Vyasa geordnet und aufgeschrieben. Vor allem die Upanishaden prägten die weitere Entwicklung des Hinduismus, da sie tiefe spirituelle Weisheiten und philosophische Kernkonzepte enthalten. Die Veden und vor allem die Upanishaden werden ausführlich in meinem Artikel „Die Upanishaden – der mystische Teil der Veden“ beschrieben.
Upavedas – Eränzungen
Zu den 4 Veden gibt es noch Wissenschaften die jeweils hinzzugefügt wurden.
- Rig Veda: Dhanurveda- Bogenschießen
- Sama Veda: Gandharvaveda – Musik und Tanz
- Yajur Veda: Sthapatyaveda – Architektur
- Atharva Veda: Ayurveda – Medizin
Vedangas – hilfswissenschaften zu den Veden
Die Vedangas sind sogenannte Hilfswissenschaften zu den Veden, sie werden verwendet um die Veden korrekt zu interpretieren und weiterzugeben. Sie sind zwar Smriti-Texte, jedoch werden sie bereits in den Shrutis erwähnt.
- śikṣā: Phonetik, Kenntnis der Buchstaben, Artikulation, Sandhiregeln
- chandas: Metrik
- vyākaraṇa: Grammatik
- nirukta: Etymologie
- jyotiṣa: Astronomie & Astrologie
- kalpa: Ritual
Puranas – Geschichten und Hintergründe zu Göttern und Weisen
Das Wort „Purana“ bedeutet wörtlich „alte Geschichten“ und es sagt schon worum es geht, in diesen Texten werden all die Hintergründe und Anekdoten zu den Göttern und Weisen des alten Indiens erzählt. Die Puranaliteratur bildet den Beginn der Verehrung von bestimmten Aspekten Gottes, in den Shrutis wurde Gott in vielen Formen verehrt und die Puranas bilden den beginn der Bhakti- Bewegung mit der Hingabe an einzelne Formen Gottes. Historisch sind die puranischen Texte entgegen der Shrutis nicht aus der Kaste der Priester entwachsen und sie sind daher als eine Art gegenbewegung zu betrachten, die allerdings nachher von den Brahmanen vereinnahmt wurde. Die Puranas sind datiert auf 400 v. bis 1000 n.Chr. und es soll hunderte anerkannte Texte geben, wobei 18 als sehr wichtig und 18 als halbwichtig bezeichnet werden.
Die Mahapuranas widmen sich den drei Göttern der Trimurti und sie werden eingeteilt entsprechend der Haupt-Gottheit mit denen sie sich befassen, manchmal gibt es jedoch wie so häufig auch andere Einteilungen, die 18 „Mahapuranas“ sind:
Brahmapuranas:
- Brahmapurana
- Brahmanandapurana
- Brahmavaivartapurana
- Markandeyapurana
- Bhavishyapurana
- Vamanapurana
Vishnupuranas:
- Vishnupurana
- Bhagavatapurana (Shrimad Bhagavatam)
- Naradiyapurana
- Garudapurana
- Padmapurana
- Varahapurana
Shivapuranas:
- Shiva- oder Vayupurana
- Lingapurana
- Skandapurana
- Agni
- Matsyapurana
- Kurmapurana
Upapuranas widmen sich anderen Göttern wie zB der Devi, Agni oder Ganesha, es soll auch 18 von ihnen geben, jedoch werden meist unterschiedliche genannt.
Sthalapuranas befassen sich mit bestimmten heiligen Orten, von dieser Art gibt es hunderte.
Jatipuranas drehen sich um die Geschichte von einzelnen Unterkasten, es gibt sehr viele Jatipuranas und sie sind häufig neueren Datums.
Mahatmyas sind Hymnen aus Puranas die auch als einzelne Texte verwendung finden, so z.B. das Devi Mahatmyam aus der Markandeyapurana.
Als wichtigster Text der Puranas gilt das Bhagavatapurana bzw. Shrimad Bhagavatam welches sich vor allem mit Sri Krishna befasst und viele zentrale Mythen des Hinduismus enthält, hier ein schönes Zitat:
„Auf der letzten Stufe des Lebens soll man kühn genug sein, keine
Angst vor dem Tod zu bekommen. Vielmehr muss man jegliche
Anhaftung an den materiellen Körper samt allem Dazugehörenden
und allen Wünschen aufgeben.“ Shrimad Bhagavatam 2.1.15
Itihasas – Heldengeschichten, Epen über die großen Dynastien
Als Itihasas werdendie beiden großen Epen des alten Indiens bezeichnet die sich mit den Geschichten rund um die Vishnu-Inkarnationen Krishna und Rama befassen. Das Wort „Itihasa“ bedeutet: „so ist es wahrlich gewesen“ und es sind sehr ausführliche Beschreibungen von alten Geschichten in denen Menschen, Götter und Rishis in allen Formen mitspielen. Es gibt zwei Itihasas: das Mahabharata befasst sich mit der Lunaren Dynastie und das Ramayana beschreibt die Solare Dynastie des alten Indiens, bestimmte Herrscher und Heilige werden diesen beiden Abstammungslinien zugeschrieben.
Mahabharata – alles rund um die Kurukshetra Schlacht
Das Mahabharata umfasst je nach Version bis zu 106.000 Verse und es wird die Geschichte von vielen Generationen beschrieben die in der epischen Schlacht von Kurukshetra gipfelt. Als Autor wird Vyasa genannt der auch als Protagonist in der Geschichte auftaucht.
Hier eine Zusammenfassung der Haupt-Geschichte des Mahabharata
Ein Teil des Mahabharata ist die Bhagavad Gita, sicherlich der bekannteste Text Indiens bzw. die wichtigste heilige Schrift des Hinduismus.
Ramayana – das Leben Ramas
In diesem 24.000 Verse umfassenden Epos wird die Lebensgeschichte von Sri Rama beschrieben, als Autor wird der Rishi Valmiki genannt. Ebenso wie das Mahabharata enthält auch das Ramayana eine große philosophische Tiefe.
Agamas – Texte zur Verehrung der Götter
Als Agamas werden Texte bezeichnet die sich mit bestimmten Gottheiten bzw. Aspekte Gottes befassen und die aus Gruppen von Anhängern bestimmter Götter stammen. Das Wort Agamas bedeutet wörtlich „herabgekommenes“ und es gibt vor allem Texte der drei Hauptsekten des Hinduismus: Vaishnava, Shaiva und Shakta, sie widmen sich also vor allem Vishnu, Shiva und der Devi in allen Aspekten, aber es gibt auch Ganapatya (Ganesha) und Soura (Surya) Agamas.
Tantras – bestimmte nicht-vedische Texte
Manche Shakta Agamas werden auch als „Tantras“ bezeichnet, diese befassen sich mit der Idee des weiblichen Prinzips Gottes welches allem zugrundeliegt. Wobei es aber auch auch bestimmte Shiva- und Vishnu-Texte als Tantras bezeichnet werden. Insgesamt versteht man als Tantra eine Art Gegenbewegung zum elitären Vedismus, denn die Tradition der Veden war nur den oberen Kasten zugänglich, die Praktiken des Tantra waren jedem zugänglich.
Sutras – Leitfäden für Denkrichtungen
Sutras sind maßgebliche Ausführungen über bestimmte Philosophische Richtungen des Hinduismus die sich i.d.R. auf die Shastras beziehen bzw. diese fortführen. Sutras bedeutet wörtlich „Faden, Kette“ und es sind möglichst knapp gefasste Aphorismen welche die Lehre auf das absolut wesentliche Reduzieren, sie sind wie Merksätze zum erinnern an die Inhalte, also eine Art Kolloquium. Es gibt zwar einige Sutras die unmittelbar in den Veden stehen, jedoch sind mit Sutras meist die Grundtexte der Darshanas gemeint, also z.B.
- das Yoga Sutra des Patanjali
- das Brahma Sutra bzw. Vedantasutra des Badarayana
Und es gibt weitere Sutras, wie z.B.:
- das Bhakti Sutra des Narada
- das Kamasutra des Vatsyayana, Leitfaden für die Liebe
Im Skanda Purana steht eine schöne Definition von Sutratexten:
„Ein Sutra ist ein Aphorismus, der die Essenz allen Wissens in wenigen Worten ausdrückt. Er muss universal anwendbar und fehlerlos in seiner linguistischen Präsentation sein.“
Bhashya
Bhashya bedeutet wörtlich „Kommentar, Reden, Sprechen“ und man versteht darunter Analysen und Kommentare die hauptsächlich zu Sutras aber auch anderen texten geschrieben wurden und als unterstützung zum Studium allgemein anerkannt werden. Oftmals sind Bhashyatexte nötig um die eigentlichen Schriften korrekt einordnen zu können, beispielsweise ist das Brahmasutra (für mich zumindest) ohne Kommentar nicht zu verstehen. Allerdings können Bhashyas auch irreführen, so ist das Yogasutrabhashya von Vyasa sehr meinungsmachend und fast alle Kommentatoren beziehen sich auf seine Kommentare ohne sie zu hinterfragen.
Shastras – Wissenschaften, Abhandlungen, Oberbegriff
Shastra bedeutet „Schrift, Lehre, Anweisung“ und es wird für Texte zu bestimmten Themen verwendet, so gibt es zB die „Yogashastras“ die sich mit Yoga befassen und es sind damit Texte wie z.B die Yoga Sutras, die Yoga-Upanishaden und andere gemeint. Shastra wird oft am Ende eines Wortes verwendet, ebenso wie bei uns „xxx-logie“, es steht also dann für die „xxx-Wissenschaft“.
Smriti, Manusmriti – kurze Klarstellung
Zu den Shastras wird auch das Dharmashastra gerechnet, ein teil dieser ist das Manusmriti- irrtümlicher Weise werden diese beiden Texte oft als „die Smritis“ benannt, jedoch sind Smritis wie oben beschrieben alle heiligen Texte die nicht als Shastra zu bezeichnen sind.
Hatha Yoga & Kundalini Yoga Texte
In der Nachfolge des gr0ßen Nathyogis Matsyendranath und seines Schülers Goraknath bzw. Gorakshanath sind ca. ab dem 11. Jahrhundert Texte verfasst worden die heute als wichtigste Quelltexte des Hathayoga und des Kundaliniyoga gelten und auch für das moderne Yoga maßgeblich sind.
Hier einige dieser Hatha Yoga Texte in chronologischer Reihenfolge:
- Siddha Siddhanta Paddhati
- Amritasiddhi
- Gorakshashataka
- Dattateyayogashastra
- Hatha Yoga Pradipika
- Shiva Samhita
- Gheranda Samhita
Prashnatrayi – drei Quellen des Vedanta
Die Lehre des Vedanta und insbesondere des Advaita Vedanta stützt sich vor allem auf diese drei Texte und deren Kommentare:
- die Upanishaden, insbesondere die Mukhya Upanishads
- die Bhagavad Gita
- das Brahma Sutra bzw. das Vedantasutra
Neben Adi Shankara haben unter anderem auch Ramanuja, Madhavacharya, Vallabhacharya und Nimbarkacharya wichtige Kommentare zum Prashnatrayi geschrieben.
Shankara Texte – Quellendes Advaita Vedanta
Shankara gilt als einer der größten Philosophen in Indiens Geschichte, wie erwähnt hat er bahnbrechende Kommentare zum Prashnatrayi verfasst und darüber hinaus auch viele eigene Texte geschrieben die für das moderne Yoga und das Advaita Vedanta von höhster Wichigkeit sind.Insgesamt erden ihm über 300 kurze und lange Texte angedichtet, oftmals wird er mit seinen nachfolgern verwechselt die den Titel „Shankaracharya“ tragen.
Vor allem sind als seine Hauptwerke zu nennen:
- Atma Bodha
- Tattwa Bodha
- Viveka Chudamani
- Upadeshasahasri
- Aparoksha Anubhuti
Ausserdem schrieb er sehr viele kleine und große Lehrgedichte, so z.B:
- Achyutastakam
- Nirvana Shatakam
- Sadhana Panchakam
- Dakshinamurti Stotram
Zeittafel der heiligen Texte des Hinduismus
In Indien ist es generell sehr schwierig historische Ereignisse klar zu datieren was verschiedene Gründe hat:
- hat man in Indien generell ein anderes Konzept von Zeit und Geschichte
- sind wenig klare historische erhalten
- wird durch den jährlichen Monsun Papier zerstört
- pflegen Inder ihre Mythen sehr gerne und diese widersprechen oft der Wissenschaft
Zur Übersicht habe ich hier einige Daten aufgeführt wie die heiligen Schriften des Hinduismus rein wissenschaftlich heutzutage eingeordnet werden, jedoch sind diese sehr anders als die üblichen Zahlen der Inder. Es wird beisielsweise im Rigveda der Fluss Saraswati beschrieben der jedoch schon 2500 v.Chr. ausgetrocknet ist.
- Rigveda, 1700 – 1100 v.Chr.
- Samaveda, 1500 – 500 v.Chr.
- Yajurveda, 1500 – 500 v.Chr.
- Atharvaveda, 1500 – 500 v.Chr.
- Upanishaden, 700 v.Chr. – 500 .n.Chr.
- Bhagavad Gita, 500 v.Chr. – 200 .n.Chr.
- Ramayana, 400 v.Chr. – 400 .n.Chr.
- Yoga Sutras, 100 v.Chr. – 200 n.Chr.
- Puranas, 3. – 16. Jhd.n.Chr.
- Shiva Sutras 8. Jhd.n.Chr.
- Yoga Vasistha, 10 – 14 Jhd.n.Chr.
- Hatha Yoga Pradipika, 15. Jhd.n.Chr.
- Shiva Samhita, 15. Jhd.n.Chr.
- Gheranda Samhita, 17. Jhd.n.Chr.
Wie gesagt sind die Datierungen der heiligen Texte im Hinduismus sehr unsicher, beispielsweise werden die Puranas und Itihasas üblicherweise deutlich nach Christi datiert, jedoch werden sie aber bereits in der ältesten Upanishade aus dem 8.Jhd.v.Chr. erwähnt:
‘itihāsapurāṇaṃ pañcamaṃ vedānāṃ’ –
„die Itihasas und Puranas sind der 5. Veda“
Chandogya Upanishade, 7.1.2Narada Muni, häufigste Person in den Puranas
Die „Girlande des Wissens um Brahman“ brahmajnānāvalīmālā ist ein kurzes Lehrgedicht von Adi Shankaracharya mit 21 Versen und es enthält die Essenz der Lehre des Advaita Vedanta.
Shankara hat mehrere solcherlei Lehrgedichte verfasst die sich gut eignen um seine Lehre zu überblicken, sie werden traditionell auswendig gelernt um das Wissen unmittelbar zur Verfügung zu haben. Shankara lebte vermutlich von 788 bis 810 und er gilt als großer Reformator des Hinduismus, du findest einen umfassenden Artikel über Leben und Werk Shankaras unter diesem Link. Das Brahma Jnanavali Mala ist eines von vielen kleineren Texten die Shankara verfasst hat um seine Weisheit auszudrücken und zu konservieren.Brahma Jnanavali Mala, Girlande des Wissens um Brahman
1. Dieses Werk – genannt Brahma Jnanavali Mala – durch welches man bereits durch einmaliges Hören die Erkenntnis von Brahman erreicht, ermöglicht allen, die Befreiung (von Samsara) zu erreichen!
Letztendlich geht es nur darum sich der höchsten Wahrheit bewusst zu sein und unverrückbar zu erkennen, dass ich eins mit allem bin, dass die Welt in mir stattfindet- nicht ich in der Welt. Die Erkenntnis der Einheit allen Seins ist bereits die Befreiung, es gibt nichts (weiter) zu erreichen, denn mit dem Wissen um die All-Einheit ist die Freiheit von allem (selbst-) gemachten Leiden da. Im Grunde reicht es völlig aus diesen Text zu hören und zu verstehen um die sagenhafte Erleuchtung zu erreichen…
2.Ungebunden bin ich, ungebunden bin ich, immer frei von Bindung jeder Art; meine wahre Natur ist Sein-Bewusstsein-Glückseligkeit. Ich bin das wirkliche Selbst, unzerstörbar und ewig unveränderlich.
Irrtümlich glauben wir der Körper und die Person zu sein und begrenzen uns damit auf das getrennte Individuum voller Mangel, statt anzuerkennen, dass wir Bewusstsein sind und alle Erfahrungen wie ein Film auf einer Leinwand in diesem Bewusstsein ablaufen. Ich bin wie der Vers sagt vollkommen ungebunden von den Objekten im Bewusstsein, ich bin das allumfassende Sein, das eine Bewusstsein, die bedingungslose Glückseligkeit, Das Selbst ist unberührt von allem und jenseits allen Wandels.
3. Ich bin ewig, ich bin rein (frei von der Kontrolle der Maya). Ich bin ewig befreit. Ich bin formlos, unzerstörbar und unveränderlich. Meine wahre Natur ist unendliche Seligkeit. Ich bin das wirkliche Selbst, unzerstörbar und unveränderlich.
Es gibt vom absoluten Standpunkt aus betrachtet nichts zu erreichen oder zu tun, denn wir sind bereits das Selbst jenseits aller Erfahrhung, nur das wir uns reduzieren auf die relative Perspektive. All diese wunderbaren Eigenschaften liegen nicht in der Zukunft sondern sie beschreiben unsere wahre Existenz die es zu erkennen gilt, wir müssen dazu bloß unsere Augen öffnen und aufwachen in die Einheit.
4. Ich bin ewig, ich bin frei von Makel, ich bin formlos, ich bin unzerstörbar und unveränderlich. Meine Natur ist höchste Seligkeit. Ich bin das wirkliche Selbst, unzerstörbar und unveränderlich.
Die zweite Zeile der meisten Verse endet mit: „svarūpo’hamahamevāhamavyayaḥ“ also in etwa: „Ich bin das wirkliche Selbst, unzerstörbar und unveränderlich.“ wobei jeweils andere Eigenschaften davor stehen, hier im 4. Vers z.B. „akhaṇḍānanda“, also „nicht endende Freude“, dies wird in dieser Übersetzung nicht ganz deutlich. Das was ICH in wirklichkeit BIN ist nicht beschreibbar, jedoch können die gewählten Worte eine grobe Idee bringen um sich dem anzunähern. Das Selbst ist bereits makellos und perfekt, da Makel nur eine Bewertung aus dem begrenzten dualen Denken ist.
5. Ich bin reines Bewusstsein, ich schwelge in meinem eigenen Selbst. Meine wahre Natur ist unteilbare (konzentrierte) Seligkeit. Ich bin das wirkliche Selbst, unzerstörbar und unveränderlich.
Wenn ich das alles-umfassende Bewusstsein bin, dann bin ich folglich eins mit allen Objekten die scheinbar durch mich als Subjekt erfahren werden und dann bin ich immer in absoluter Fülle. Die Ganzheit oder Fülle bedeutet auch, dass es nichts (mehr) zu erreichen gibt und nichts mehr nötig ist um glücklich zu sein, denn eins sein impliziert bedingungslose Zufriedenheit.
6. Ich bin das innewohnende Bewusstsein, ich bin ruhig (frei von jeglicher Aufregung), ich bin jenseits von Prakrti (Maya), meine wahre Natur ist ewige Seligkeit, ich bin das wirkliche Selbst, unzerstörbar und unveränderlich.
Wenn ich weiß, was ich bin, also bewusst darüber bin Bewusstsein zu sein, dann bin ich von Stille erfüllt und es gibt nichts was mich aus dieser Ruhe bringt, denn ich bin jenseits der Erfahrungen. Prakriti oder Maya ist die duale Perspektive auf die Welt, also: Ich bin der Wahrnehmende der Objekte. Aber in Wirklichkeit bin ich alles, die Objekte sind Ereignisse in mir und ich bin vollkommen unberührt von ihnen bzw. mit allem gleichwertig eins.
7. Ich bin das höchste Selbst jenseits aller Kategorien / Klassifizierungen (wie Prakriti, Mahat, Ahamkara, usw.), ich bin der höchste Glückverheißende, jenseits all jener in der Mitte. Ich bin jenseits von Maya. Ich bin das höchste Licht. Ich bin das wirkliche Selbst, unzerstörbar und unveränderlich.
Zwar werden viele Worte verwendet um über das Selbst zu berichten, jedoch ist das wahre Selbst nicht beschreibbar, da es immer mehr ist als Worte. Aus diesem grund wird auch gesagt, dass es keine Kategorien, klassifizierungen oder Konzepte gibt die einer Beschreibunng des Selbst gerecht werden könnten. Das Selbst ist zwar das höchste Glück welches als Ananda bezeichnet wird, jedoch ist dieses nicht zu verwechseln mit Extase oder einem himmelhochjauchzendem Glück, sondern es ist die ganz gewöhnliche bedingungslose Zufriedenheit.
8.Ich bin jenseits aller verschiedenen Formen. Meine wahre Natur ist reines Bewusstseins. Niemals bin ich dem Niedergang unterworfen. Meine wahre Natur ist Seligkeit. Ich bin das wirkliche Selbst, unzerstörbar und unveränderlich.
Hier wiederholt Shankara nochmals seine wichtigsten Ausführungendas Selbst ist Bewusstsein und jenseits aller Formen, es ist auch unberührt von Vergänglichkeit. Das was ich tatsächlich bin ist bedingungslose Glückseligkeit.
9. Weder Maya noch ihre Auswirkungen wie der Körper existieren für mich. Ich bin von derselben Natur und selbstleuchtend. Ich bin das wirkliche Selbst, unzerstörbar und unveränderlich.
Maya ist die kosmische Täuschung, sie ist bloß eine Illusion. Maya endet wenn wir die Einheit allen Seins erkannt haben, mit dem Ende von Maya endet auch unser Leiden. Das was ich bin ist allumfassend und es beinhaltet also auch die duale Perspektive, dualität ist ein scheinbarer Teil dess Einen.
10. Ich bin jenseits der drei Gunas – Sattva, Rajas und Tamas. Ich bin sogar der Zeuge von Brahma selbst und anderen. Meine wahre Natur ist unendliche Seligkeit. Ich bin das wirkliche Selbst, unzerstörbar und unveränderlich.
Das was ich in wirklichkeit bin jenseits aller Konzepte und Illusionen ist das reine Sein ohne Eigenschaften bzw. Gunas. Ich bin bezeugendes Bewusstsein und als solches wahrnehmer und wahrgenommenes zugleich. Da ich alles bin, bin ich zugleich absolut zufrieden.
11. Ich bin der innere Aufseher, ich bin unveränderlich, ich bin all-durchdringend. Ich selbst bin das höchste Selbst. Ich bin das wirkliche Selbst, unzerstörbar und unveränderlich.
Ich bin das höchste, wirkliche und einzige Selbst welches alles umfasst und nicht wandelbar ist.
12. Ich bin frei von Bestandteilen. Ich bin handlungslos. Ich bin das Selbst von allem. Ich bin der Ursprung. Ich bin der Uralte, Ewige. Ich bin das direkt erkannte Selbst. Ich bin das wirkliche Selbst, unzerstörbar und unveränderlich.
Das Eine lässt sich nicht teilen, da es alles ist handelt es auch nicht, höchstens geschieht im Selbst Handlung.
13. Ich bin der Zeuge aller Gegenteilensatzpaare. Ich bin unbeweglich. Ich bin ewig. Ich bin der Zeuge von allem. Ich bin das wirkliche Selbst, unzerstörbar und unveränderlich.
Ich denke so langsam wird die Erläuterung immer klarer, da die Natur des wahren Selbst immer genauer beschrieben wird. Die Gegensätze sind Ereignisse im Bewusstsein, also im Selbst, ebenso wie alles andere was bezeugt wird. Das Selbst bewegt sich nicht, aber in ihm findet scheinbar Bewegung statt, das Selbst hat weder Anfang noch Ende.
14. Ich bin ein großes Maß an Erkenntnis und Bewusstsein. Ich bin weder ein Handelnder noch ein Erfahrender. Ich bin das wirkliche Selbst, unzerstörbar und unveränderlich.
Handlung und Erfahrung findet im Selbst statt, aber das Selbst lässt sich nicht darauf reduzieren.
15. Ich bin ohne jegliche Unterstützung, und ich bin die Unterstützung von allem. Ich habe keine Wünsche die zu erfüllen sind. Ich bin das wirkliche Selbst, unzerstörbar und unveränderlich.
tatsächlich sind solche Aussagen absurd, sie fordern unseren Geist heraus, denn wir müssen letztlich all unsere Konzepte loslassen.
16. Ich bin frei von den drei Arten von Beschwerden – denen im Körper, denjenigen von anderen Wesen und jenen, die durch höhere Mächte verursacht sind. Ich bin von den groben, subtilen und kausalen Körpern verschieden. Ich bin der Zeuge der drei (Bewusstseins-) Zuständen des Wachens, Traums und Tiefschlafs. Ich bin das wirkliche Selbst, unzerstörbar und unveränderlich.
…denn ich bin die Grundlage all dessen! Ich bin wie diie strahlend-weiße Leinwand die vollkommen unberührt ist vom Film. Nichts was mir widerfährt berührt die Essenz meines Seins, da es alles umfasst.
17. Es gibt zwei Dinge, die von einander verschieden sind; diese sind der Seher und das Gesehene. Der Seher ist Brahman, und das Gesehene ist Maya. Das ist, was der gesamte Vedanta öffentlich verkündigt.
Also die Maya ist die scheinbare Trennung vom Seher mit dem Gesehenen, tatsächlich ist alles eins: Brahman. Jedoch müssen wir um diese Einheit als absolute Wahrheit zu erkennen durch das Nadelöhr der Trennung gehen, denn die Maya ist aktiv bis wir sie als Illusion erkannt haben.
18. Derjenige, welcher nach wiederholtem Nachdenken begreift, dass er ein bloßer Zeuge ist, er allein wird befreit. Er ist der Erleuchtete – Aufgeklärte – Vorurteilsfreie. Dies wird vom Vedanta öffentlich verkündigt.
Dieses „wiederholte Nachdenken“ ist der Weg: wir reflektieren solange über unsere wahre Natur bis wir sie erkannt haben.
19. Der Topf, die Wand usw. sind allesamt nichts anderes als Lehm. Gleichermaßen ist das komplette Weltall nichts anderes als Brahman. Dies wird vom Vedanta öffentlich verkündigt.
Maya macht aus Lehm einen Topf, tatsächlich ist alles Brahman.
20. Brahman ist echt, das Weltall ist Mithya. Der Jiva ist Brahman selbst und nicht (von Ihm) verschieden. Das sollte als richtige Shastra Lehre verstanden werden. Dies wird vom Vedanta öffentlich verkündigt.
Diese Aussage „brahma satyam jagan mithya jivo brahmaiva naparah“ ist wohl Shankaras bekannteste Aussage, die er auch in anderen Texten wie zB dem Viveka Chudamani gemacht hat. Das Weltall ist Mithya, also „täuschend, unrichtig, verkehrt, fälschlich, falsch, unwahr, lügnerisch, unwirklich, scheinbar; ohne wahren Zweck, vergebens“, denn alles was als „gesehenes“ und daher getrenntes erfahren wird ist Mithya, tatsächlich gibt es keine Trennung zwischen mir und den Objekten meiner Wahrnehmung.
21. Ich bin der Glückverheißende, das innere Licht und das äußere Licht, das inwendige Licht, höher als das Höchste, das Licht aller Lichter, selbstleuchtend, das Licht, welches das Selbst ist.
Ich umfasse alles was ist.
ओम् तत् सत्
Hinduismus – Einheit in Vielfalt - Indiens WeltreligionYoga - ganzheitlicher Übungsweg zum höchsten BewusstseinYoga Texte - Schriften und Quelltexte indischer Spiritualität und des HinduismusRig Veda – Es gibt eine Wahrheit, die Weisen benennen sie verschieden
एकं सद् विप्रा बहुधा वदन्ति „ekam sad viprā bahudhā vadanti“ „Es gibt eine Wahrheit, die Weisen benennen sie verschieden“ Rig Veda 1.164.46 Diesen 3000 Jahre alten Vers aus dem Rig Veda halte…
Yoga Texte - Schriften und Quelltexte indischer Spiritualität und des HinduismusPurusha Sukta – Hymne aus dem Rig Veda an das kosmische Wesen
Die Hymne Purusha Sukta bzw. puruṣasūkta besteht aus 16, 18 oder manchmal auch 24 Versen und ist zu finden als 90. Hymne im 10. Mandala des Rig Veda (10.7.90.1-16), dem ältesten Text…