Der Vers 4.18 über das “Handeln im Nichthandeln” gehört sicherlich zu den bekanntesten versen der Bhagavad Gita. Es ist typischer Vers den man nicht verstehen kann, ohne die entsprechenden Hintergründe der Yoga-Wissenschaft zu kennen.
Alle heiligen Texte bedürfen eines Lehrers um die Verse korrekt zu verstehen, wenn man einfach so in der Gita blättert, wird man kaum die Tiefe erfassen können. Diese Verse rund um den besagten 18. Vers des 4. Kapitels befassen sich mit dem absichtslosen und uneigennützigen Handeln als Impuls im Augenblick, welches etwas ganz anderes ist als herkömmliches Handeln, es ist bekannt als Handeln im Nichthandeln. Im Kommentar ein paar Gedanken dazu von mir.
Kommentar zu den Versen 17-20 des 4. Kapitels der Bhagavad Gita
Die Verse 17-20 des 4. Kapitels der Bhagavad Gita
- Bhagavad Gita, Vers 4.17
कर्मणो ह्यपि बोद्धव्यं बोद्धव्यं च विकर्मणः |
अकर्मणश्च बोद्धव्यं गहना कर्मणो गतिः || ४ १७ ||
karmaṇo hyapi boddhavyaṃ
boddhavyaṃ ca vikarmaṇaḥ
akarmaṇaśca boddhavyaṃ
gahanā karmaṇo gatiḥ
“Denn wahrlich die Natur des Handelns, wie auch des Karmas muss erkannt werden, wie auch des verbotenen Handelns und des Nichthandelns. Schwer zu verstehen ist die Natur des Handelns” - Bhagavad Gita, Vers 4.18
कर्मण्यकर्म यः पश्येदकर्मणि च कर्म यः |
स बुद्धिमान्मनुष्येषु स युक्तः कृत्स्नकर्मकृत् || ४ १८ ||
karmaṇyakarma yaḥ paśyedakarmaṇi ca karma yaḥ
sa buddhimānmanuṣyeṣu sa yuktaḥ kṛtsnakarmakṛt
“Wer Handeln im Nichthandeln sieht und Nichthandeln im Handeln, ist weise unter den Menschen; er ist ein Yogi und führt alle Handlungen aus.” - Bhagavad Gita, Vers 4.19
यस्य सर्वे समारम्भाः कामसङ्कल्पवर्जिताः |
ज्ञानाग्निदग्धकर्माणं तमाहुः पण्डितं बुधाः || ४ १९ ||
yasya sarve samārambhāḥ
kāmasaṅkalpavarjitāḥ
jñānāgnidagdhakarmāṇaṃ
tamāhuḥ paṇḍitaṃ budhāḥ
“Den Menschen, dessen Unternehmungen frei von Wünschen und Absichten sind und dessen Handlungen im Feuer der Erkenntnis verbrannt worden sind – ihn nennen die Wissenden einen Weisen.” - Bhagavad Gita, Vers 4.20
त्यक्त्वा कर्मफलासङ्गं नित्यतृप्तो निराश्रयः |
कर्मण्यभिप्रवृत्तोऽपि नैव किंचित्करोति सः || ४ २० ||
tyaktvā karmaphalāsaṅgaṃ
nityatṛpto nirāśrayaḥ
karmaṇyabhipravṛtto ’pi
naiva kiṃcitkaroti saḥ
“Er hat die Verhaftung an die Früchte der Handlung aufgegeben, ist stets zufrieden und von nichts abhängig und tut nichts, obwohl er tätig ist.”
Handeln im Nichthandeln
Der Weg der Spiritualität ist ein Weg von Handeln im Nichthandeln. Es geht nicht darum, gegen die Konzepte zu rebellieren, sondern darum, unser Denken und unsere Sichtweisen zu transformieren. Dies bedeutet, dass wir uns bewusst machen müssen, was wir glauben und warum wir es glauben und lernen müssen, auf andere Ideen und Aspekte einzugehen. Der Weg des Spirituellen impliziert auch Achtsamkeit und Respekt gegenüber den lebendigen Kräften in uns allen – eine Haltung, die es ermöglicht, alle vorhandenen Konzepte mit Liebe und Mitgefühl anzunehmen, statt sie mit Widerstand oder Vorurteil aufzuheben. Ein solcher Pfad kann helfen, uns selbst besser kennenzulernen sowie Verstehen und Akzeptanz im Umgang mit dem Göttlichen zu erlangen.