Jnana oder Karma Yoga? Dieser Abschnitt der Bhagavad Gita enthält verschiedene Konzepte die Sri Krishna an Arjuna vermittelt. Wie so häufig in den ersten Kapiteln der Gita, geht es auch hier um die Gegenüberstellung von Jnana oder Karma Yoga, also dem Weg des selbstlosen Handelns und dem Weg der Erkenntnis des Selbst.
Krishna sagt, dass schon ein wenig Wissen über das Prinzip des Karma Yoga ausreicht um die karmischen Verbindungen mit der Welt ein wenig zu lösen. Auch kritisiert Sri Krishna in diesen Versen den Dogmatismus der vedischen Priester, es geht im Yoga nicht darum eine bessere Zukunft oder gar eine bessere Wiedergeburt zu erreichen, sondern es geht um Befreiung.
Die Sucht nach Vergnügen und Macht führt in die Irre, um zur Befreiung zu kommen bracht es vor allem eine klare Ausrichtung.
Bhagavad Gita 2.38-44 – Jnana oder Karma Yoga
Die Verse 2.38- 2.44 der Bhagavad Gita
- Bhagavad Gita, Vers 2.38
सुखदुःखे समे कृत्वा लाभालाभौ जयाजयौ |
ततो युद्धाय युज्यस्व नैवं पापमवाप्स्यसि || २ ३८ ||
sukhaduḥkhe same kṛtvā
lābhālābhau jayājayau
tato yuddhāya yujyasva
naivaṃ pāpamavāpsyasi
„Nachdem Vergnügen und Schmerz, Gewinn und Verlust und auch Sieg und Niederlage für dich gleichbedeutend geworden sind, nimm den Kampf um des Kampfes willen auf; so wirst du nicht sündigen.“ - Bhagavad Gita, 2. Kapitel, Vers 39:
एषा तेऽभिहिता साङ्ख्ये बुद्धिर्योगे त्विमां शृणु |
बुद्ध्या युक्तो यया पार्थ कर्मबन्धं प्रहास्यसि || २ ३९ ||
eṣā te ’bhihitā sāṅkhye
buddhiryoge tvimāṃ śṛṇu
buddhyā yukto yayā pārtha
karmabandhaṃ prahāsyasi
„Du hast die Weisheit über Sankhya (=Jnana Yoga) gelernt. Höre nun die Weisheit über Yoga (=Karma Yoga); wenn du sie besitzt, Oh Arjuna, wirst du die Bande des Karma (=der Handlungen) abwerfen.“ - Bhagavad Gita, 2. Kapitel, Vers 40:
नेहाभिक्रमनाशोऽस्ति प्रत्यवायो न विद्यते |
स्वल्पमप्यस्य धर्मस्य त्रायते महतो भयात् || २ ४० ||
nehābhikramanāśo ’sti
pratyavāyo na vidyate
svalpamapyasya dharmasya
trāyate mahato bhayāt
„Dabei ist keine Anstrengung vergebens und es entsteht auch kein Schaden, und schon ein wenig von diesem Wissen, schon ein wenig Praxis von diesem (Karma-) Yoga schützt vor großer Furcht.“ - Bhagavad Gita, 2. Kapitel, Vers 41:
व्यवसायात्मिका बुद्धिरेकेह कुरुनन्दन |
बहुशाखा ह्यनन्ताश्च बुद्धयोऽव्यवसायिनाम् || २ ४१ ||
vyavasāyātmikā buddhir
ekeha kurunandana
bahuśākhā hyanantāśca
buddhayo.avyavasāyinām
„Hier, Oh Freude der Kurus, gibt es nur einpünktige Entschlossenheit; weit verzweigt und endlos sind die Gedanken der Unentschlossenen.“ - Bhagavad Gita, 2. Kapitel, Vers 42:
यामिमां पुष्पितां वाचं प्रवदन्त्यविपश्चितः |
वेदवादरताः पार्थ नान्यदस्तीति वादिनः || २ ४२ ||
yāmimāṃ puṣpitāṃ vācaṃ
pravadantyavipaścitaḥ
vedavādaratāḥ pārtha
nānyadastīti vādinaḥ
„Blumige Worte finden die Unweisen, die an den rühmenden Worte der Veden gefallen finden, Oh Arjuna, und sich sagen: Es gibt nichts anderes.“ - Bhagavad Gita, 2. Kapitel, Vers 43:
कामात्मानः स्वर्गपरा जन्मकर्मफलप्रदाम् |
क्रियाविशेषबहुलां भोगैश्वर्यगतिं प्रति || २ ४३ ||
kāmātmānaḥ svargaparā
janmakarmaphalapradām
kriyāviśeṣabahulāṃ
bhogaiśvaryagatiṃ prati
„Sie sind voller Wünsche, der Himmel ist ihr Ziel, und das Ergebnis ihres Tuns ist eine neuerliche Geburt; sie schreiben verschiedene Methoden mit einer Überfülle an bestimmten Handlungen vor, um Vergnügen und Macht zu erlangen.“ - Bhagavad Gita, 2. Kapitel, Vers 44:
भोगैश्वर्यप्रसक्तानां तयापहृतचेतसाम् |
व्यवसायात्मिका बुद्धिः समाधौ न विधीयते || २ ४४ ||
bhogaiśvaryaprasaktānāṃ
tayāpahṛtacetasām
vyavasāyātmikā buddhiḥ
samādhau na vidhīyate
„In Menschen, die an Vergnügen und Macht hängen, und deren Geist durch solche Lehren abgelenkt wird, bildet sich nicht diese Bestimmtheit, die stets auf Meditation und Samadhi (den überbewußten Zustand) ausgerichtet ist.“
Beide Yoga-Stile verfolgen ein gemeinsames Ziel: den Weg zur Erleuchtung finden. Beide Ansätze haben ihre Wurzeln in der vedischen Philosophie, aber auch wenn sie gleichermaßen gesegnet sind, unterscheiden sie sich im Detail. Jnana Yoga ist eine spirituelle Disziplin, die Wissen und Einsicht erfordert, um die Wahrheit hinter allem zu verstehen. Es handelt sich um eine intellektuelle Reise, bei der man versucht, tiefgreifende Fragen des Lebens durch Lernen und Reflexion zu beantworten. Indem man sein Verständnis für spirituelle Lehren vertieft, kann man natürlich denken und klare Entscheidungen treffen. Karma Yoga ist ein Weg der Hingabe – an Gott vor allem aber an andere Menschen auch. Es geht darum, uns von egoistischem Denken abzulenken und uns auf Aktionen des Mitgefühls und der Selbstlosigkeit zu konzentrieren. Solche Taten helfen uns dabei, unseren Geist vom Egoismus freizustellen – das ist notwendig für jeden Weg zur Erleuchtung. Beide Yogastile haben ihr unverwechselbares Wesen und ihren Sinn im Leben. Der Unterschied ist lediglich in ihrem Herangehen an den spirituellen Weg zur Erkenntnis: Jnana Yoga setzt auf Intelligenz; Karma Yoga hingegen auf Handlung!