Dieser Abschnitt im 2. Kapitel der Bhagavad Gita enthält meinen Lieblingsvers 2.46 der für mich eine absolut wesentliche Idee enthält für alle religiösen Ideen und spirituellen Wege: Am Ende muss man alles loslassen um das Eigenschaftslose Numinose zu erfahren und zu erkennen. Ausserdem geht es in diesem Abschnitt um den Umgang mit Wünschen, weltliche Verstrickungen, Eigenschaften der Natur und Karma Yoga, also ein Abschnitt der es in sich hat.
alles loslassen
Sri Krishna scheint eine große Freude daran zu haben die konservativen Ritualisten zu kritisieren, und so wettert er auch im Vers 2.43 gegen die Idee durch religiöse Taten eine bessere Geburt zu erlangen, statt sich auf die Befreiung im Hier und Jetzt auszurichten. Im letzten Vers dieses Abschnitts gibt er nochmals eine Zusammenfassung seiner Lehren mit einem Wort: Gleichmut.
Bhagavad Gita, Verse 43-48 im 2.Kapitel
- Bhagavad Gita, 2. Kapitel, Vers 43:
कामात्मानः स्वर्गपरा जन्मकर्मफलप्रदाम् |
क्रियाविशेषबहुलां भोगैश्वर्यगतिं प्रति || २ ४३ ||
kāmātmānaḥ svargaparā
janmakarmaphalapradām
kriyāviśeṣabahulāṃ
bhogaiśvaryagatiṃ prati
„Sie sind voller Wünsche, der Himmel ist ihr Ziel, und das Ergebnis ihres Tuns ist eine neuerliche Geburt; sie schreiben verschiedene Methoden mit einer Überfülle an bestimmten Handlungen vor, um Vergnügen und Macht zu erlangen.“ - Bhagavad Gita, 2. Kapitel, Vers 44:
भोगैश्वर्यप्रसक्तानां तयापहृतचेतसाम् |
व्यवसायात्मिका बुद्धिः समाधौ न विधीयते || २ ४४ ||
bhogaiśvaryaprasaktānāṃ
tayāpahṛtacetasām
vyavasāyātmikā buddhiḥ
samādhau na vidhīyate
„In Menschen, die an Vergnügen und Macht hängen, und deren Geist durch solche Lehren abgelenkt wird, bildet sich nicht diese Bestimmtheit, die stets auf Meditation und Samadhi (den überbewußten Zustand) ausgerichtet ist.“ - Bhagavad Gita, 2. Kapitel, Vers 45:
त्रैगुण्यविषया वेदा निस्त्रैगुण्यो भवार्जुन |
निर्द्वन्द्वो नित्यसत्त्वस्थो निर्योगक्षेम आत्मवान् || २ ४५ ||
traiguṇyaviṣayā vedā
nistraiguṇyo bhavārjuna
nirdvandvo nityasattvastho
niryogakṣema ātmavān
„Die Veden sprechen von den drei Eigenschaften der Natur: erhebe dich über diese drei Eigenschaften. Oh Arjuna, befreie dich von den Gegensatzpaaren, und weile immer in der Eigenschaft von Sattva, frei von den Gedanken an Erlangen und Behalten, und ruhe fest im Selbst.“ - Bhagavad Gita, 2. Kapitel, Vers 46:
यावानर्थ उदपाने सर्वतः संप्लुतोदके |
तावान्सर्वेषु वेदेषु ब्राह्मणस्य विजानतः || २ ४६ ||
yāvānartha udapāne
sarvataḥ saṃplutodake
tāvānsarveṣu vedeṣu
brāhmaṇasya vijānataḥ
„Für den Brahmanen mit Selbsterkenntnis sind alle Veden ebensoviel wert wie ein Wasserbehälter an einem überfluteten Ort.“ - Bhagavad Gita, 2. Kapitel, Vers 47:
कर्मण्येवाधिकारस्ते मा फलेषु कदाचन |
मा कर्मफलहेतुर्भूर्मा ते सङ्गोऽस्त्वकर्मणि || २ ४७ ||
karmaṇyevādhikāraste
mā phaleṣu kadācana
mā karmaphalaheturbhūr
mā te saṅgo.astvakarmaṇi
„Dein einziges Recht ist es zu wirken, und kein Anspruch hast du auf die Früchte deines Tuns. Lass weder die Früchte deiner Handlung dir Motiv zur Handlung sein, noch wende dich zum Müßiggang.“ - Bhagavad Gita, 2. Kapitel, Vers 48:
योगस्थः कुरु कर्माणि सङ्गं त्यक्त्वा धनंजय |
सिद्ध्यसिद्ध्योः समो भूत्वा समत्वं योग उच्यते || २ ४८ ||
yogasthaḥ kuru karmāṇi
saṅgaṃ tyaktvā dhanaṃjaya
siddhyasiddhyoḥ samo bhūtvā
samatvaṃ yoga ucyate
„So handle, Oh Arjuna, und sei fest im Yoga, gib Bindungen auf, und bewahre Gleichmut in Erfolg und Misserfolg. Ausgeglichenheit im Geiste, Gleichmut wird Yoga genannt.“
Das Loslassen ist eine entscheidende Komponente des Karma Yoga. Es ist ein Prozess, in dem man sich von äußerem Ergebnis und den Fesseln des Egos befreit, indem man seinen Verstand ruhigstellt und sich auf die innere Intelligenz konzentriert. In der Bhagavad Gita beschreibt Krishna – der Lehrer und Gott – das Konzept des Loslassens ausführlich: „Lasst alle Wünsche los, die ihr nach Unerreichbarem strebt, stellt euren Verstand ruhig und erkennt meine Natur als ungetrennt von euch“. Durch das Loslassen können wir uns von irrationalen Einflüssen befreien, da wir uns nicht mehr über irgendetwas anstrengen müssen. Stattdessen können wir uns auf unsere Beziehung zu Gottes unbarmherziger Weisheit konzentrieren. Dadurch verstehen wir unseren Platz in der Welt besser und erhalten so Freiheit durch Entsagung unserer vielfältigen Wünsche.