Nach dem Gottinkarnation Krishna seinem Schüler und Freund Arjuna die Wege des Jnana Yoga und des Karma Yoga sehr knapp vermittelt hat, möchte Arjuna etwas genauer wissen wie denn der befreite Weise ist und wie er zu erkennen ist bzw. welches seine Eigenschaften sind.
Sicher eine berechtigte Frage, auch der moderne spirituell Suchende will selbstverständlich wissen was es eigentlich genau der befreite Weise ist und was es mit der “Erleuchtung” auf sich hat, er will verstehen wie es zu erreichen ist. Krishna erläutert im folgenden verschiedene Aspekte eines Menschen von “konstanter Weisheit” wie er es nennt, es sind einige wundervolle Verse die ich hier in aller kürze Kommentiere.
Bhagavad Gita, Kommentare zu den Versen 2.54 – 2.65
Die Verse 2.54- 2.65 der Bhagavad Gita:
- Bhagavad Gita, Vers 2.54:
अर्जुन उवाच |
स्थितप्रज्ञस्य का भाषा समाधिस्थस्य केशव |
स्थितधीः किं प्रभाषेत किमासीत व्रजेत किम् || २ ५४ ||
arjuna uvāca
sthitaprajñasya kā bhāṣā
samādhisthasya keśava
sthitadhīḥ kiṃ prabhāṣeta
kimāsīta vrajeta kim
“Arjuna sprach: Wie, Oh Krishna, ist ein Mensch von stetiger Weisheit, einer, der im überbewussten Zustand aufgegangen ist? Wie spricht jemand, der stetige Weisheit besitzt, wie sitzt er, wie geht er?” - Bhagavad Gita, Vers 2.55:
श्रीभगवानुवाच |
प्रजहाति यदा कामान्सर्वान्पार्थ मनोगतान् |
आत्मन्येवात्मना तुष्टः स्थितप्रज्ञस्तदोच्यते || २ ५५ ||
śrībhagavānuvāca
prajahāti yadā kāmān
sarvānpārtha manogatān
ātmanyevātmanā tuṣṭaḥ
sthitaprajñastadocyate
“Von dem Menschen, Oh Arjuna, der alle Wünsche des Geistes vollständig von sich weist und im Selbst durch das Selbst Zufriedenheit erfährt, wird gesagt, er habe stetige Weisheit.” - Bhagavad Gita, Vers 2.56:
दुःखेष्वनुद्विग्नमनाः सुखेषु विगतस्पृहः |
वीतरागभयक्रोधः स्थितधीर्मुनिरुच्यते || २ ५६ ||
duḥkheṣvanudvignamanāḥ
sukheṣu vigataspṛhaḥ
vītarāgabhayakrodhaḥ
sthitadhīrmunirucyate
“Der Mensch, dessen Geist durch Unglück nicht erschüttert wird, der sich nicht nach Vergnügen sehnt und frei ist von Anhaftung, Furcht und Zorn, wird ein Mensch stetiger Weisheit genannt.” - Bhagavad Gita, Vers 2.57:
यः सर्वत्रानभिस्नेहस्तत्तत्प्राप्य शुभाशुभम् |
नाभिनन्दति न द्वेष्टि तस्य प्रज्ञा प्रतिष्ठिता || २ ५७ ||
yaḥ sarvatrānabhisnehas
tattatprāpya śubhāśubham
nābhinandati na dveṣṭi
tasya prajñā pratiṣṭhitā
“Wer überall ohne Verhaftung ist, Gutem wie Schlechtem verhaftungslos begegnet und weder bejubelt noch verabscheut, dessen Weisheit ist fest begründet.” - Bhagavad Gita, Vers 2.58:
यदा संहरते चायं कूर्मोऽङ्गानीव सर्वशः |
इन्द्रियाणीन्द्रियार्थेभ्यस्तस्य प्रज्ञा प्रतिष्ठिता || २ ५८ ||
yadā saṃharate cāyaṃ
kūrmo.aṅgānīva sarvaśaḥ
indriyāṇīndriyārthebhyas
tasya prajñā pratiṣṭhitā
“Wenn er, so wie die Schildkröte, die ihre Glieder an allen Seiten einzieht, seine Sinne von den Sinnesobjekten zurückzieht, wird seine Weisheit unerschütterlich.” - Bhagavad Gita, Vers 2.59:
विषया विनिवर्तन्ते निराहारस्य देहिनः |
रसवर्जं रसोऽप्यस्य परं दृष्ट्वा निवर्तते || २ ५९ ||
viṣayā vinivartante
nirāhārasya dehinaḥ
rasavarjaṃ raso.apyasya
paraṃ dṛṣṭvā nivartate
“Die Sinnesobjekte wenden sich vom Enthaltsamen ab und lassen das Verlangen; aber auch sein Verlangen wendet sich ab, wenn er des Höchsten gewahr wird.” - Bhagavad Gita, Vers 2.60:
यततो ह्यपि कौन्तेय पुरुषस्य विपश्चितः |
इन्द्रियाणि प्रमाथीनि हरन्ति प्रसभं मनः || २ ६० ||
yatato hyapi kaunteya
puruṣasya vipaścitaḥ
indriyāṇi pramāthīni
haranti prasabhaṃ manaḥ
“Die ungezähmten Sinne, Oh Arjuna, ziehen den Geist des Weisen mit großer Macht weg, mag dieser sich auch größte Mühe geben (sie zu kontrollieren).” - Bhagavad Gita, Vers 2.61:
तानि सर्वाणि संयम्य युक्त आसीत मत्परः |
वशे हि यस्येन्द्रियाणि तस्य प्रज्ञा प्रतिष्ठिता || २ ६१ ||
tāni sarvāṇi saṃyamya
yukta āsīta matparaḥ
vaśe hi yasyendriyāṇi
tasya prajñā pratiṣṭhitā
“Nachdem er sie alle gezügelt hat, sitze er unverwandt und versenke sich in Mich; die Erkenntnis des Menschen ist stetig, der seine Sinne beherrscht.” - Bhagavad Gita, Vers 2.62:
ध्यायतो विषयान्पुंसः सङ्गस्तेषूपजायते |
सङ्गात्संजायते कामः कामात्क्रोधोऽभिजायते || २ ६२ ||
dhyāyato viṣayānpuṃsaḥ
saṅgasteṣūpajāyate
saṅgātsaṃjāyate kāmaḥ
kāmātkrodho.abhijāyate
“Durch den Gedanken an die Dinge entsteht Verhaftung an sie; aus Verhaftung werden Wünsche geboren; aus dem Wunsch entsteht Zorn.” - Bhagavad Gita, Vers 2.63:
क्रोधाद्भवति संमोहः संमोहात्स्मृतिविभ्रमः |
स्मृतिभ्रंशाद् बुद्धिनाशो बुद्धिनाशात्प्रणश्यति || २ ६३ ||
krodhādbhavati saṃmohaḥ
saṃmohātsmṛtivibhramaḥ
smṛtibhraṃśād buddhināśo
buddhināśātpraṇaśyati
“Aus Ärger entsteht Täuschung; aus Täuschung der Verlust der Erinnerung; aus dem Verlust der Erinnerung die Zerstörung der Unterscheidung; durch die Zerstörung der Unterscheidung geht er zugrunde.” - Bhagavad Gita, Vers 2.64:
रागद्वेषविमुक्तैस्तु विषयानिन्द्रियैश्चरन् |
आत्मवश्यैर्विधेयात्मा प्रसादमधिगच्छति || २ ६४ ||
rāgadveṣavimuktaistu
viṣayānindriyaiścaran
ātmavaśyairvidheyātmā
prasādamadhigacchati
“Der selbstbeherrschte Mensch jedoch, der sich mit beherrschten Sinnen zwischen den Dingen bewegt und frei ist von Anziehung und Ablehnung, erlangt Frieden.” - Bhagavad Gita, Vers 2.65:
प्रसादे सर्वदुःखानां हानिरस्योपजायते |
प्रसन्नचेतसो ह्याशु बुद्धिः पर्यवतिष्ठते || २ ६५ ||
prasāde sarvaduḥkhānāṃ
hānirasyopajāyate
prasannacetaso hyāśu
buddhiḥ paryavatiṣṭhate
In diesem Frieden werden alle Schmerzen zerstört; denn der Verstand des Gleichmütigen wird bald stetig.
Der befreite Weise ist jemand, der es geschafft hat, über materielle Begierden hinauszugehen und sich vollständig auf spirituelle Prinzipien einzulassen. Dieser Mensch hat die Fähigkeit, alle Dinge aus dem Blickwinkel des Dharma zu betrachten und das Beste für sich selbst und andere zu wollen. Er oder sie hat gelernt, dass Frieden und Glück nicht auf materiellem Besitz basiert, sondern auf innerer Selbstbeherrschung und spiritueller Reinheit. Die Lehre des Dharma ist der Schlüssel zum Glück für den befreiten Weisen.