In diesem Abschnitt des “Gesang Gottes” bzw. der Bhagavad Gita, spricht der Herr in Form der Vishnu Inkarnation Sri Krishna zu seinem Schüler und Freund Arjuna über den ausgeglichenen Weg der Mitte.
Der Weg der Mitte
Die entscheidende Praxis des Yoga ist die Meditation und Sri Krishna beschreibt im 6. Kapitel wie man die Kontrolle über den Geist erlangen kann. Hält der Yogi sich an diese Anweisungen, so Sri Krishna, wird er die höchste Wonne des Selbst erfahren und die Einheit mit allem erkennen. Wenn dieses erlangt wurde gibt es nichts mehr zu erreichen, da nichts auch nur im entferntesten der Wonne des Selbst gleichkommt. Letztendlich geht es darum den Polaritäten auszuweichen und den der Weg der Mitte zu gehen.
Kommentar zu den Versen 10-23 des 6. Kapitels “Weg der Mitte”
Die Verse 10-23 des 6.Kapitels der Bhagavad Gita, der Weg der Mitte
- Bhagavad Gita 6. Kapitel 10. Vers
योगी युञ्जीत सततमात्मानं रहसि स्थितः |
एकाकी यतचित्तात्मा निराशीरपरिग्रहः || ६ १० ||
yogī yuñjīta satatam
ātmānaṃ rahasi sthitaḥ
ekākī yatacittātmā
nirāśīraparigrahaḥ
“Möge der Yogi stets bemüht sein, den Geist ruhig zu halten; in Einsamkeit, allein, mit Kontrolle über Geist und Körper und frei von Hoffnung und Verlangen.” - Bhagavad Gita 6. Kapitel 11. Vers
शुचौ देशे प्रतिष्ठाप्य स्थिरमासनमात्मनः |
नात्युच्छ्रितं नातिनीचं चैलाजिनकुशोत्तरम् || ६ ११ ||
śucau deśe pratiṣṭhāpya
sthiramāsanamātmanaḥ
nātyucchritaṃ nātinīcaṃ
cailājinakuśottaram
“An einem sauberen Ort, auf einem für ihn bereiteten festen Sitz, der weder zu hoch, noch zu niedrig ist und aus Schichten von übereinander gelegtem Tuch, einer Tierhaut und Kusha-Gras besteht…” - Bhagavad Gita 6. Kapitel 12. Vers
तत्रैकाग्रं मनः कृत्वा यतचित्तेन्द्रियक्रियाः |
उपविश्यासने युञ्ज्याद्योगमात्मविशुद्धये || ६ १२ ||
tatraikāgraṃ manaḥ kṛtvā
yatacittendriyakriyāḥ
upaviśyāsane yuñjyād
yogamātmaviśuddhaye
“Mit einpünktigem Geist, nachdem er Beherrschung über die Aktivitäten von Geist und Sinnen gefunden hat, möge er sich auf diesem Sitz niederlassen und Yoga üben, um sich selbst zu reinigen.” - Bhagavad Gita 6. Kapitel 13. Vers
समं कायशिरोग्रीवं धारयन्नचलं स्थिरः |
संप्रेक्ष्य नासिकाग्रं स्वं दिशश्चानवलोकयन् || ६ १३ ||
samaṃ kāyaśirogrīvaṃ
dhārayannacalaṃ sthiraḥ
saṃprekṣya nāsikāgraṃ svaṃ
diśaścānavalokayan
“Er halte seinen Körper unbewegt, Kopf und Nacken gerade und ruhig, den Blick auf die Nasenspitze gerichtet, ohne herumzusehen.” - Bhagavad Gita 6. Kapitel 14. Vers
प्रशान्तात्मा विगतभीर्ब्रह्मचारिव्रते स्थितः |
मनः संयम्य मच्चित्तो युक्त आसीत मत्परः || ६ १४ ||
praśāntātmā vigatabhīr
brahmacārivrate sthitaḥ
manaḥ saṃyamya maccitto
yukta āsīta matparaḥ
“Frohgemut, furchtlos, fest im Gelübde des Brahmachari, mit beherrschtem Geist, die Gedanken auf Mich gerichtet und mit ausgewogenem Geist sitze er und mache Mich zu seinem höchsten Ziel.” - Bhagavad Gita 6. Kapitel 15. Vers
युञ्जन्नेवं सदात्मानं योगी नियतमानसः |
शान्तिं निर्वाणपरमां मत्संस्थामधिगच्छति || ६ १५ ||
yuñjannevaṃ sadātmānaṃ
yogī niyatamānasaḥ
śāntiṃ nirvāṇaparamāṃ
matsaṃsthāmadhigacchati
“Wenn der Yogi seinen Geist also stets auf diese Weise ausgeglichen hält und den Geist beherrscht, erreicht er den Frieden, der in Mir liegt und in Befreiung gipfelt.” - Bhagavad Gita 6. Kapitel 16. Vers
नात्यश्नतस्तु योगोऽस्ति न चैकान्तमनश्नतः |
न चातिस्वप्नशीलस्य जाग्रतो नैव चार्जुन || ६ १६ ||
nātyaśnatastu yogo ’sti
na caikāntamanaśnataḥ
na cātisvapnaśīlasya
jāgrato naiva cārjuna
“Wahrlich, Yoga ist unmöglich für den Menschen, der zuviel isst, wie auch für den, der überhaupt nicht isst, für den, der zuviel schläft, wie auch für den, der immer wacht, Oh Arjuna.” - Bhagavad Gita 6. Kapitel 17. Vers
युक्ताहारविहारस्य युक्तचेष्टस्य कर्मसु |
युक्तस्वप्नावबोधस्य योगो भवति दुःखहा || ६ १७ ||
yuktāhāravihārasya
yuktaceṣṭasya karmasu
yuktasvapnāvabodhasya
yogo bhavati duḥkhahā
“Yoga wird zum Zerstörer des Leidens desjenigen, der in Nahrung wie Erholung (z.B. Spazierengehen, usw.) mäßig ist, der mäßig ist in seinen Handlungen, und in Schlaf und Wachen mäßig ist.” - Bhagavad Gita 6. Kapitel 18. Vers
यदा विनियतं चित्तमात्मन्येवावतिष्ठते |
निःस्पृहः सर्वकामेभ्यो युक्त इत्युच्यते तदा || ६ १८ ||
yadā viniyataṃ citta
mātmanyevāvatiṣṭhate
niḥspṛhaḥ sarvakāmebhyo
yukta ityucyate tadā
“Wenn der vollkommen beherrschte Geist alleine im Selbst ruht und frei ist von der Sehnsucht nach Wunschgegenständen, dann heißt es: Er ist in Einheit.” - Bhagavad Gita 6. Kapitel 19. Vers
यथा दीपो निवातस्थो नेङ्गते सोपमा स्मृता |
योगिनो यतचित्तस्य युञ्जतो योगमात्मनः || ६ १९ ||
yathā dīpo nivātastho
neṅgate sopamā smṛtā
yogino yatacittasya
yuñjato yogamātmanaḥ
“Wie eine Lampe, die an einem windstillen Ort nicht flackert – damit wird der Yogi verglichen, dessen Geist beherrscht ist, und der im Selbst Yoga übt.” - Bhagavad Gita 6. Kapitel 20. Vers
यत्रोपरमते चित्तं निरुद्धं योगसेवया |
यत्र चैवात्मनात्मानं पश्यन्नात्मनि तुष्यति || ६ २० ||
yatroparamate cittaṃ
niruddhaṃ yogasevayā
yatra caivātmanātmānaṃ
paśyannātmani tuṣyati
“Wenn der Geist, bezähmt durch die Yogapraxis, zur Ruhe gekommen ist, und wenn er selbst sein Selbst schaut, ist er in sich selbst zufrieden.” - Bhagavad Gita 6. Kapitel 21. Vers
सुखमात्यन्तिकं यत्तद् बुद्धिग्राह्यमतीन्द्रियम् |
वेत्ति यत्र न चैवायं स्थितश्चलति तत्त्वतः || ६ २१ ||
sukhamātyantikaṃ yattad
buddhigrāhyamatīndriyam
vetti yatra na caivāyaṃ
sthitaścalati tattvataḥ
“Wenn der Yogi diese grenzenlose Wonne fühlt, die von reinem Verstand nur erfasst werden kann, und die die Sinne übersteigt, und wenn er fest in dieser Wonne ruht, weicht er niemals von der Wahrheit ab.” - Bhagavad Gita 6. Kapitel 22. Vers
यं लब्ध्वा चापरं लाभं मन्यते नाधिकं ततः |
यस्मिन्स्थितो न दुःखेन गुरुणापि विचाल्यते || ६ २२ ||
yaṃ labdhvā cāparaṃ lābhaṃ
manyate nādhikaṃ tataḥ
yasminsthito na duḥkhena
guruṇāpi vicālyate
“Das, was für ihn, den nicht zu übertreffenden Gewinn darstellt, wenn er ihn einmal erlangt hat; das, was ihn auch von der größten Sorge nicht erschüttert sein lässt, wenn er fest darin ruht…” - Bhagavad Gita 6. Kapitel 23. Vers
तं विद्याद् दुःखसंयोगवियोगं योगसंज्ञितम् |
स निश्चयेन योक्तव्यो योगोऽनिर्विण्णचेतसा || ६ २३ ||
taṃ vidyād duḥkhasaṃyoga
viyogaṃ yogasaṃjñitam
sa niścayena yoktavyo
yogo ’nirviṇṇacetasā
“Möge dies den Namen Yoga tragen, das Aufhören des Einsseins mit dem Schmerz. Dieser Yoga ist mit Entschlossenheit und unverzagtem Geist zu üben.”
Der Weg der Mitte ist eine Idee, die sich in vielen Kulturen widerspiegelt. Es wird angenommen, dass es nicht nötig ist, Entscheidungen nutzlos zu übertreiben oder zu verfallen: Die bestmögliche Lösung liegt irgendwo in der Mitte. Der Weg der Mitte stellt daher ein Gleichgewicht zwischen Extremen her und kann als eine gesunde Mittelwegs-Ansatz betrachtet werden. Diese Idee des goldenen Mittelwegs kann auch in Bezug auf unseren Glauben angewandt werden. Der Weg der Mitte erinnert uns daran, dass es keine notwendige Wahl gibt, um Gott von unseren Sünden zu reinigen: Es geht darum, einen inneren Zustand des Friedens und der Einheit mit Gott durch Akzeptanz und Liebe zu finden. Dieser Prozess führt uns letztlich auf den Weg der Erleuchtung und spirituellen Vervollkommnung.