
Kali Ma, tatsächlich mit echten Schädeln
Die Frage, ob Yoga und Religion zusammen gehören, wird in der Yogaszene kontrovers diskutiert. Es gibt darüber verschiedene Meinungen, die sich zT sehr widersprechen und beide Meinungen (Ja und Nein) können fundiert begründet werden.
Yoga und Religion?
Natürlich kommt das Yoga aus Indien und es ist aus dem Hinduismus heraus entstanden, insofern nutzt das Yoga auch die Konzepte aus dem Hinduismus. Wobei Osho sagt, dass es reiner Zufall sei, dass die universelle Wissenschaft des Yoga ausgerechnet innerhalb des Hinduismus entdeckt wurde. Jedoch geht es im Yoga nicht um die relativen Konzepte, sondern um das Erkennen der absoluten Wahrheit jenseits aller Worte.
Daher ist beides richtig:
- Yoga ist eine Religion, weil es um Gott (welchen auch immer) und die Verehrung dessen geht.
- Yoga ist keine Religion, weil es nicht um Glauben geht, sondern um eigene Erfahrungen und Erkenntnisse.
“Yoga ist keine Religion, sondern eine Hilfe, die grundlegenden spirituellen Wahrheiten in allen Religionen zu praktizieren. Yoga ist für alle und es ist universell.” Swami Sivananda
Nun, um diese Frage ob Yoga nun eine Religion ist etwas klarer zu behandeln, sollten wir uns zunächst die Begrifflichkeiten anschauen, denn bereits in dieser Einleitung wird deutlich, dass es darum geht wie dies beiden Begriffe definiert werden. Wollen wir Yoga nur als eine Art indischer Leibesertüchtigung sehen, oder ist es ein ganzheitliches Übunssystem welches einen Weg zu Gott aufzeigt? Ist Religion nur der Glaube an Gott, oder geht es um eine institutionalisierte Gläubigkeit? ich möchte gerne also zunächst diese beiden Begriffe definieren.
Begriffsklärung Yoga und Religion
Den Begriff “Yoga” habe ich sehr ausführlich in diesem verlinkten Artikel definiert, hier die Essenz:
Ethymologisch gesehen kommt das Wort von der Sanskrit Silbe „Juy“ oder „Jug“, „Jugit“ was soviel bedeutet wie „Joch“ also das Anschirren oder Einspannen, und auch einen ähnlichen Wortstamm aufweist. Auch das Englische Wort „Yoke“ und das Lateinische „jugum“ haben die Selbe Herkunft und Bedeutung.
Yoga ist also das Joch mit dem Kutsche und Pferd oder Ochs und Pflug verbunden werden.
Und so ergeben sich für das Wort Yoga in diesem Sinne zweierlei Bedeutungsebenen:
- „Vereinen, Verbinden“ …der Zugtiere mit der Kutsche/ dem Pflug mithilfe eines Jochs.
- „Beherrschen, Kontrollieren“ …der Zugtiere mithilfe des Jochs.
Und so können wir dieses übertragen auf die spirituelle Ebene:
- „Einheit, Harmonie, Verbindung, Vereinigen“ – des Individuums mit Gott
- „Herrschaft, Kontrolle, Unterjochen“ – der Materie unter das Geistliche.
“Yoga ist eine systematische Wissenschaft. Seine Lehren sind integraler Bestandteil der meisten Religionen, aber Yoga selbst ist keine Religion.” Swami Rama
Auch über das Wort Religion (und ähnliche Begriffe) habe ich einen Artikel verfasst, aus dem ich hier zitiere:
Der Begriff “Religion” kommt vom lateinischen „Re-legere”: immer wieder lesen, aufsammeln, aufwickeln“; oder von „Re-ligare: Zurück (ver) binden“, aus meiner Sicht am sinnigsten ist zweiteres, also eine „wiedervereinigung mit dem Göttlichen“. Im Lateinischen wurde das Wort aber auch genutzt für Begriffe wie: „Gottesfurcht“, „Frömmigkeit“, „Heiligkeit“, aber auch „Rücksicht“, „Bedenken“, „Skrupel“, „Pflicht“, „Gewissenhaftigkeit“ oder „Aberglaube“.
Auch das “Kirchenlexikon” im Internet sagt:
„Der Religionsbegriff ist unscharf und schwer abgrenzbar. Religion kann sowohl die Rückbindung und Hinordnung zu Gott, die Begegnung mit dem Transzendenten als auch die richtige Beobachtung des Kultes bedeuten. Aus religiösen Überzeugungen entsteht ein System von Handlungsrichtlinien und Glaubensvorstellungen, die das menschliche Leben ordnen sollen.“
Und somit denke ich, es ist mit Religion eine institutionalisierte Sinnsuche („System von Handlungsrichtlinien und Glaubensvorstellungen“) gemeint. Die institutionalisierte (zB Katholische Kirche) bzw. elitär gesteuerte (zB Hinduismus) Sinnsuche gibt Konzepte vor, und vereinheitlicht das höchste Ziel in eine bestimmte Richtung.
Damit ist sie ein Instrument zur Machterhaltung und führt das Individuum nur in seltenen Fällen zur individuellen Freiheit, ganz im Sinne des Marx’schen Ausspruchs:
„Religion ist das Opium des Volkes!“
Also wir sehen in den beiden Begriffsdeutungen, dass ähnliches gemeint ist mit den Worten Yoga und Religion, daher können wir die Frage auch verschieden beantworten.
“Wohin immer ich blicke, sehe ich die Menschen im Namen der Religion streiten […] Aber sie denken nie daran, dass Er, der Krishna genannt wird, auch Shiva heißt und den Namen der Shakti, von Jesus und Allah ebenso trägt – derselbe Rama mit tausend Namen.” Ramakrishna
Yoga und Religion: wesentliche Unterschiede
Religionen haben in der Regel einiges, was das Yoga nicht hat:
- Im Yoga wird kein spezifisches Gottesbild verehrt (sondern es gibt ein sehr offenes Konzept von Gott bzw. der Begriff “Gott” kann individuell interpretiert werden)
- Im Yoga gibt es keinen Gottesdienst oder Rituale die man besuchen muss (obwohl es beides gibt aber eben nicht als zentrale Praxis oder Pflicht)
- Das Yoga hat kein Glaubensbekenntnis (und es geht nicht um Glauben, sondern um Erfahren und Erkennen)
- Das Yoga hat keine übergeordnete Institution oder Struktur (da es viel zu viele Richtungen gibt)
- Das Yoga braucht keine Moscheen, Tempel oder Kirchen (es ist eher eine Lebenseinstellung)
- Yoga braucht keine Mitglieder oder Anhänger (es ist nur ein Angebot)
Natürlich stammt das Yoga aus dem Hinduismus und hat entsprechend auch viele hinduistische Elemente in sich, jedoch geht es im Yoga klar um universelle Prinzipien, die je nach Kultur unterschiedlich verbalisiert werden können. Also die Eine Wahrheit können wir mit christlichen, atheistischen und eben hinduistischen Konzepten und Worten erläutern.
Das Yoga ist nie als Konkurrenz zu irgendeiner Religion zu betrachten, vielmehr kann es für jeden spirituell Suchenden eine wertvolle Ergänzung sein, um die eigene Religion noch mehr in der Tiefe zu verstehen. Yoga stellt ein Angebot an Methoden dar, mit denen man sich selbst mehr auf Gott zubewegen kann. Ebenso können alle Religionen auf dem Yogaweg hilfreich sein, so habe ich z. B. durch das Yoga einen ganz neuen Zugang zu den Lehren der Bibel entdecken dürfen.
Swami Chidananda sagte dazu
“Yoga ist der praktische Aspet der eigenen inneren Religion.”
Insgesamt wird leider viel zu sehr getrennt zwischen den verschiedenen Religionen und spirituellen Traditionen, dadurch werden Menschen entzweit und Leid in die Welt gebracht. Viel besser ist doch, wenn wir die Gemeinsamkeiten unterstreichen, als immer auf die Unterschiede zu schauen.
Abschließend noch mein Statement zum Thema Yoga und Religion:
Yoga ist keine Religion, aber es ist religiös!
“Yoga ist keine Religion. Yoga ist eine reine Wissenschaft – genau wie Mathematik, Physik oder Chemie. Yoga fordert nicht auf, an irgend etwas zu glauben. Yoga sagt: Erfahre! So wie die Wissenschaft das Experiment fordert, fordert Yoga die Erfahrung. Experimente und Erfahrungen sind beides das Gleiche, nur ihre Richtungen sind verschieden. Experiment bedeutet, dass du etwas im Aussen tust. Erfahrung bedeutet, dass Du etwas im Inneren tust. Erfahrung ist ein inneres Experiment. Keine Überzeugung ist erforderlich, kein Glaube ist nötig. Nur der Mut, Erfahrungen zu machen.” Rajneesh Bhagavan Osho

Versteinerter Mönch