Devi, die Göttliche Mutter ist mysteriös, weil sie in vielen Weisen erscheint und schwierig zu erfassen ist. Im Beitrag ein Überblick zu den verschiedenen Namen und Formen der Göttlichen Mutter im Hinduismus, also der verschiedenen indischen Göttinnen.
Die Göttliche Mutter, indische Göttinen. Devi & Shakti
Es gibt nur einen Gott, eine Göttin, ein universelles Gewahrsein oder ein Göttliches Prinzip und dieses ist unendlich, alldruchdringend, allem innewohnend, unbegreiflich, unbeschreibbar und schlichtweg nicht zu fassen.
In Indien, im Hinduismus und Yoga gibt es die philosophischen Kontroversen einerseits zwischen der Idee des Gottes mit oder ohne Formen und Eigenschaften bzw. ob er/es konkret oder abstrakt ist. Andererseits der Frage, welcher Aspekt von Gott denn dann der höchste und wichtigste sei. Die meisten Gläubigen in Indien sind entweder “Shaivas”, also Shiva Anhänger, oder “Vaishnavas”, also Vishnu-Verehrer, sie Leben ihr Bhakti (Hingabe) an unterschiedliche Formen. Eine kleiner Strömung innerhalb des Sanathana Dharma (was man auch Hinduismus nennt) sind die “Shaktas”, jene die das Prinzip der Göttlichen Mutter bzw. indische Göttinen verehren.
Shaktas verehren Shakti, die Devi, die Göttin, die Göttliche Mutter
Als “Shakti” versteht man das weibliche, dynamische und manifeste Prinzip, also die indischen Göttinen stehen jeweils eher für das manifeste Universum, während die männlichen Götter eher für das allumfassende Bewusstsein an sich stehen. Die Göttinen werden als “Devi” bezeichnet, die männlichen als “Devata”, beides leitet sich ab vom Wort Strahlen oder Scheinen, “Shakti” hingegen bedeutet Kraft oder Energie.
Historisch gesehen ist die Veehrung der Göttlichen Mutter in der Lehre des Tantra verwurzelt und geht auf mehrere tausend Jahre zurück, jedoch finden sich auch Quellen von Devi und Shakti in den vedischen Texten. Die Shaktas, also Verehrer der Göttlichen Mutter, werden auch als Tantriker bezeichnet, da in den meisten Formen des Tantra das weibliche Prinzip bzw. die indischen Göttinen besonders verehrt wird. Tantra und Veda sind die beiden großen Wurzeln des Hinduismus, im Veda werden jedoch vorwiegend die männlichen Götter verehrt.
viele Formen der indischen Göttinnen
Die Göttliche Mutter zeigt sich in verschiedenen Formen, oder wird in unterschiedliche Aspekte eingeteilt, so z.B.:
Durga, Saraswati, Laxmi, Kali, Parvati, Ganga, Yamuna, Mandakini, Bhagavati, Bhavani, Amba, Ambika, Radha, Radhika, Sita, Sati, Jagadamba, Kameshwari, Ganga, Uma, Chandi, Chamundi, Lalita, Gauri, Kundalini, Tara, Rajeshwari, Tripurasundari,…
Dies sind nur einige bekannte der verschiedenen Namen und Erscheinungsformen des einen Prinzips.
“In Wahrheit gibt es weder männlich noch weiblich. Es gibt nur eine Kraft, die sich in verschiedenen Gestalten zeigt.” Swami Sivananda
Die wichtigsten Gestalten der Göttlichen Mutter entsprechen den drei Wirkkräften im Universum: Sattwa, Rajas, Tamas und sind hier in der selben Reihenfolge: Saraswati, Lakshmi, Parvati. Diese drei entsprechen auch den männlichen Aspekten Brahma, Vishnu und Shiva, die als dir “Trimurti” oder Trinität des Hinduismus bezeichnet werden. Die drei wichtigen Göttinen zusammen werden auch als “Raja Rajeshwari” oder “Tridevi” bezeichnet.
Die Göttliche Mutter hat viele Erscheinungsweisen: die indischen Göttinen
Im folgenden nun die wichtigsten Göttinen bzw. Apekte der einen Göttin bzw. Devis im einzelnen:
- Saraswati: Göttin der Künste, der Weisheit und der Muse. Sie wird auch Mahavidya (große Weisheit) genannt und kann auch als Maha-Saraswati mit acht Armen erscheinen. Sie wird meist im Urmeer auf einem Lotus mit einer Vina in der Hand dargestellt. In der Mythologie ist sie während des Schöpfungsaktes aus Brahma heraus entstanden. Sie gilt in den alten Veden auch als Flussgöttin, der gleichnamige Fluss ist allerdings vor 4500 Jahren ausgetrocknet.
- Laxmi: Göttin der Schönheit, der Fülle, des Glücks und des Reichtums. Sie ist die gemahlin von Vishnu und entstieg dem Wasser beim Quirlen des Milchozeans, dem großen Kampf der Götter und Dämonen um den Unsterblichkeitsnektar. Sie wird meist mit 2 Elefanten auf einer großen Lotusblüte mit 4 Armen dargestellt. In zwei Händen trägt sie Lotusblüten, eine Handfläche zeigt nach oben als segnende Geste und eine nach unten als gebende Geste. Ethymologisch ist sie verwand mit dem Lateinischen “Lux”, dem englischen “Luck” und der Schwedischen Lichterheiligen “Lucia”, welches eben auch ihren Attributen entspricht.
- Parvati: Die Gemahlin und dynamische Kraft von Shiva und Tochter des Berggottes Himavat und der Bergnymphe Meena, ihr Name bedeutet “Tochter der Berge”. Sie ist die sanfte, anmutige und gütige Göttin und Göttliche Mutter und Herrin über Leben und Tod. Shiva als Aspekt des reinen Bewusstseins ist handlungsunfähig ohne Parvati die Herrin über das manifeste Universum ist, ja sogar als das Universum selbst verehrt wird. Sie kann in vielen Formen erscheinen so ist zB Uma der Aspekt der idealen Frau im patriarchalen Sinne.
- Sati: Sati war die erste Gemahlin von Shiva und Tochter des Königs Daksha. Sati war unsterblich verliebt in Shiva, der von ihrem Vater abgelehnt wurde. Durch strenge Askese hat sie dann doch eine Hochzeit mit Shiva erzwungen. Daksha konnte Shiva wegen seines äusseren nicht akzeptieren und brüskierte ihn bei einem Ritual aufs äusserste. Shiva liess das zwar kalt, aber Sati war so sauer auf ihren Vater, dass sie sich selbst verbrannte. Später inkarnierte sie dann wieder als Parvati. Sati ist auch der begriff für Witwenverbrennung in Indien.
- Durga: Eine zugleich zornige und beschützende Form der Göttlichen Mutter die keinem männlichen Aspekt zugeordnet ist, jedoch häufig als Form von Parvati genannt wird. Ihre Aufgabe ist es die Dämonen zu bekämpfen und die Menschen zu schützen. Sie reitet auf einem Löwen oder Tiger und hat 4-18 Arme mit unterschiedlichen Waffen. Sie gilt im Shaktismus als höchste Göttin und Manifestation des reinen Bewusstseins, verschiedene Glaubensrichtungen weisen ihr jedoch unterschiedliche Rollen zu. Sie ist laut dem Text Devi Mahatmyam aus dem Zorn von Shiva und Vishnu auf einen Dämonen entstanden.
- Kali: die “Dunkle”, “Schwarze”, “Schreckliche”, “Herrin der Zeit” sind mögliche Übersetzungen ihres Namens der sich von Kaala ableitet was für Zeit und Schwarz steht. Sie ist die blutrünstige Göttin der Zestörung und des Todes und ist Verkörperung des Zornes der Durga. Sie steht aber auch für Erneuerung und Schutz und ist ihren Dienern eine verlässliche Hilfe. Sie wird auch als gnadenreiche Mutter und Erlöserin gesehen und in manchen traditionen steht sie für alles was manifest ist. Sie wird meistens dargestellt mit einer Girlande aus Totenköpfen, und tanzend auf dem Körper Shivas.
- Ganga: Sie gilt als Schwester von Parvati und Flussgöttin. Der Fluss Ganges wird als die Göttin selbst gesehen und als solche verehrt. Ganga floß einst durch die Milchstrasse und wurde durch grosse asketische Anstrengung vom Weisen Baghiratha zur Erde umgelenkt. Um die Wassermassen aufzufangen hat der große Shiva seinen Kopf her gehalten und das Wasser an seinen Dreadlocks in 7 Ströme abfliessen lassen. Die 7 Ströme sind die heiligen Flüsse Indiens wovon Ganga der heiligste ist.
- Gayatri: Die Göttin Gayatri gilt als die Manifestation des heiligen Gayatri-Mantra. Sie wurde vom Schöpfergott Brahma erschaffen als dieser für ein Ritual auf seine Frau Saraswati wartete. Vor lauter ungeduld bastelte er sich eine neue Frau und hauchte ihr leben ein, Saraswati verfluchte ihn daraufhin. Oftmals ist sie auch identisch mit Saraswati und Savitri, der Sonnengöttin. Das Mantra wird auch, so wie viele andere Mantras, als Gott selbst bzw die Göttin selbst gesehen.
- Sita & Radha: Wenn Vishnu, der erhaltende Aspekt des Göttlichen, auf der Erde inkarniert um den Menschen zu helfen gegen das Böse zu bestehen ist Laxmi immer mit dabei. Bei der Inkarnation als Rama war sie als Sita mit dabei und Krishna begleitete sie als Radha. Rund um die beiden gibt es unzählige Geschichten und Mythen und sie werden auch als Form der höchsten Göttin verehrt.
- Kundalini: Ist die höchste Manifestation der Göttlichen Mutter im Menschen und steht für ein in jedem schlummernden Energiepotential welches man zB durch Yoga erwecken kann. Diese Kraft in uns wird auch als Göttliche Mutter verehrt und so animiert sich zu entfalten. Kundalini bedeutet wörtlich die aufgerollte Schlange und sie ruht am unteren Ende der Wirbelsäule, ist sie erweckt steigt sie langsam auf um den Energiekörper zum vollen Strahlen zu bringen.
Die Göttliche Mutter gibt es natürlich auch in vielen anderen Kulturen, so zum Beispiel:
- die Verehrung unseres Planeten als Göttliche Mutter im Schamanismus als Pancha Mama, Mutter Erde.
- Verehrung der großen Mutter in der Jungsteinzeit, Magna Mater
- der Isis-Kult der alten Ägypter.
- die Griechen und Römer verehrten Göttinen wie zB Demeter, Gaia, Minerva, Venus.
- die 40.000 Jahre alten Venusstatuen der Ausgrabungen in der Karsthöhle in der Schwäbischen Alp.
- die Kelten, Germanen, Slawen, Inkas, Mayas und Azteken verehrten Göttinen.
- die Marienverehrung im Christentum
- …
Transkription. Vortrag über Devi, die Göttliche Mutter
Die göttliche Mutter ist ein großes Mysterium. Sukadev hat gesagt, es ist wahrscheinlich der schwierigste Aspekt von all den Göttern, um zu verstehen, um wen es da geht, denn es gibt sehr viele Erscheinungsformen der göttlichen Mutter. Diese sind aber nicht so klar voneinander zu trennen und sind schwierig zu fassen, es ist schwierig zu verstehen, um was es da geht. Ich will ein paar Erscheinungsformen nennen: Zunächst gibt es zwei grundlegende Arten, wie die göttliche Mutter erscheint, einmal als “Devi” und einmal als “Shakti”. Devi heißt wörtlich ‘die Göttin’ oder vom Wortursprung ‘die Strahlende’. Devi ist immer die Göttin, die in einer wesenhaften Gestalt erscheint. Die kann sehr vielfältig sein: Kali, Saraswati, Ambika usw. Immer wenn die Göttin eine menschengleiche Gestalt annimmt, spricht man von der Devi.
Dann gibt es Shakti. Shakti heißt wörtlich ‘die Kraft’. Shakti ist die dynamische Kraft der göttlichen Mutter, die letztlich hinter allem steckt. Also man kann sagen, alles, was dynamisch ist, alles, was veränderlich ist, ist eine Manifestation der göttlichen Mutter. Und so ist auch die Verehrung der göttlichen Mutter nichts Abstraktes. Man wendet sich nicht an die Mutter, die oben auf der Wolke sitzt und auf uns schaut, sondern die göttliche Mutter ist präsent in allem, was ist. Alles, was veränderlich ist, alles, was dynamisch ist, letzlich alles, was wir wahrnehmen können, ist eine Manifestation der göttlichen Mutter, nämlich in der Gestalt von Shakti. Shakti – die dynamische Kraft, wörtlich Shakti, die Kraft.
Dann gibt es noch Adiparashakti. Adi heißt ‘das Ursprüngliche’, Para ‘das Höchste’, Shakti ‘die Kraft’. Also die ursprüngliche höchste Kraft. Adiparashakti ist sozusagen das Höchste, was wir uns vorstellen können und was weit darüber hinausgeht an manifestiertem Bewusstsein.
Denn es gibt auch den grundlegenden Unterschied – darauf will ich gleich noch weiter drauf eingehen – zwischen dem männlichen Prinzip und dem weiblichen Prinzip. Ich will hier über die Götter sprechen. Die männlichen Götter stellen immer etwas Transzendentes dar, etwas, das statisch ist und jenseits des im herkömmlichen Sinne Erfahrbaren liegt. Und die weiblichen Aspekte stellen alle etwas dar, was mit der unmittelbaren, manifestierten Welt zu tun hat. Und dann gibt es viele verschiedene Erscheinungsformen der göttlichen Mutter.
Devi Mahatmyam – wichtigster Shakta Text
Ich hatte gestern Abend schon kurz erzählt, dass es einmal einen großen Krieg gab zwischen den Göttern und den Dämonen. Die ganzen männlichen Götter haben diesen Krieg damals verloren, und die Dämonen hatten gewonnen. Die Götter waren hilflos. Plötzlich manifestierte sich aus all den verschiedenen Göttern – und das war eine ganze Menge von Göttern in dieser mythologischen Geschichte – ein Licht. Dieses Licht hat sich gebündelt, und aus diesem gebündelten Licht ist eine Form geworden, und diese Form nahm die Gestalt der Durga an. Durga wird auch Mahadevi genannt. Durga heißt wörtlich ‘die Unnahbare’. Durga gilt als er mächtigste Aspekt der göttlichen Mutter und steht für das nährende, schützende Prinzip. Sie hat in dieser Schlacht all die Dämonen platt gemacht und deshalb hat sie einen sehr hohen Stellenwert. Weil sie die Kraft hat, gegen alle Dämonen oder gegen alle dunklen Kräfte zu kämpfen. Das sind natürlich symbolische Dinge, die in solchen Geschichten stattfinden. Die Dämonen sind unsere dunklen Kräfte, die wir in uns haben, und wir können uns an die Göttin wenden, um gegen diese dunklen Kräfte vorzugehen.
Diese Geschichte wird beschrieben in einem Text mit dem Namen Devi Mahatmyam. Diese Devi Mahatmyam gilt als eine der wichtigsten Schriften, vielleicht die wichtigste Schrift, wenn es um die Verehrung der göttlichen Mutter geht. Zu einem späteren Zeitpunkt in diesem Text erscheinen weitere Dämonen. In dieser Schlacht wird Durga ganz schön zornig, weil die Dämonen sich lauter Tricks einfallen lassen, und aus diesem Zorn der Durga heraus entspringt aus ihrer Stirn die Göttin Kali. Kali ist eine Manifestation des Zorns der göttlichen Mutter, und die Göttin Kali hat dann die Kraft, diese Dämonen zu vernichten. Ich will mal einen kurzen Abschnitt vorlesen aus der Devi Mahatmyam, wo es genau um diese Stelle geht:
Ambika – das ist auch ein Name für Durga, Ambika heißt einfach ‘die Mutter’ – geriet darüber in Zorn und in ihrem Ärger verfärbte sich ihr Antlitz dunkel wie Tinte. Aus ihrer in Zornesfalten gelegten Stirn entsprang plötzlich Kali mit furchterregendem Aussehen und mit Schwert und Schlinge bewaffnet. Sie trug den ungewöhnlichen Stab, dessen Spitze mit einem Schädel besetzt und der mit einer Girlande von Schädeln verziert war. Sie war in ein Tigerfell gekleidet und erschreckend anzusehen mit ihrem abgemagerten Leib, dem weit geöffneten Mund, der heraushängenden Zunge und den tief eingesunkenen geröteten Augen. Dann erfüllte sie die Weiten des Himmels mit ihrem Brüllen, stürzte sich mit Ungestüm auf die großen Asuras, also den Dämonen in der Armee, metzelte sie nieder und verschlang die gesamte Übermacht der Feinde der Devas.
Wenn man versucht diesen Text zu lesen, das ist zum Teil ganz schön blutrünstig, wie darin beschrieben wird, wie die Götter und die Dämonen miteinander kämpfen. Da gibt es die Stelle von einem Dämon – ich habe den Namen vergessen – dessen Blut die Eigenschaft hat wie Samen zu sein. Wenn er Blut verliert, wachsen neue Dämonen heraus. D.h. jedes Mal, wenn man versucht, gegen ihn zu kämpfen und er Blut verliert, entstehen wieder tausende Millionen von weiteren Dämonen. So wird es da beschrieben. Immer wenn ein Tropfen Blut auf die Erde fällt, kommen neue Dämonen heraus. Da wandte Kali einen Trick an. Sie hat die Kraft z.b., riesengroß zu werden. Und so wurde sie riesengroß und hat ihre Zunge über den Boden der Erde ausgebreitet, so dass die Bluttropfen der Dämonen nicht mehr auf die Erde fallen, sondern auf ihre Zunge, so dass sie sich nicht mehr vermehren konnten. Solche Geschichten stehen in diesen Texten. Aber dahinter ist vieles an symbolischem Gehalt und stellenweise findet man auch sehr schöne philosophische Abhandlungen darin, aber die muss man suchen.
Durga ist eine Form von Mahadevi, der großen Göttin, und man sagt auch, sie ist eine Form von Parvati, der Gemahlin von Shiva. Shiva hatte ja zuerst eine Frau, die Sati hieß. Sati war seine absolute Traumfrau. Da geschah es, dass Shiva und Sati heiraten wollten. Shiva war ein Freak, er hatte ja verfilzte Haare, schmuddelige Klamotten an und die Haut mit Asche eingerieben. Und er hat gerne gekifft. In den alten Geschichten wird das oft beschrieben. Der Vater von Sati wollte das nicht, er wollte keinen Schwiegersohn, der so schmuddelig aussieht und Drogen nimmt und war gegen die Hochzeit. Bei der Hochzeit kam es zu einem großen Eklat, weil der Vater seinen Segen verweigerte. Shiva wurde zornig. Er hatte eigentlich versprochen, sich nett anzuziehen. Aber das hat er nicht getan, und Sati war dann so enttäuscht davon, dass sie kurzerhand sich selbst entzündet und in Luft aufgelöst hat. Sie ist vor Zorn in Flammen aufgegangen. Viele Jahre – oder Jahrtausende sind das ja in solchen Geschichten – später wurde Sati wiedergeboren als Parvati. Bei Parvati hat es Ewigkeiten gedauert, um es irgendwie zu schaffen, Shiva von sich zu überzeugen. Denn Shiva war ja enttäuscht. Er wollte ja nichts mehr mit Frauen zu tun haben. So jemanden wieder herumzukriegen, ist keine leichte Sache. Nach Jahrtausenden ist es allerdings Parvati gelungen und sie hat ihn wieder herumbekommen. Sie sind miteinander glücklich geworden und haben ja auch Kinder. Ganesha z.b. ist eines der Kinder von Parvati. Man sagt, Durga und Kali sind Formen der Parvati. Neben Parvati, die einfach nur – in Anführungsstrichen – für das mütterliche Prinzip an sich steht, gibt es Durga, die der schützende Aspekt der Mutter ist, und Kali, den zornigen Aspekt. Und dann gibt es noch Uma, den liebenden Aspekt der göttlichen Mutter.
Dann gibt es noch eine ganze Reihe von weiteren Formen der göttlichen Mutter, Lakshmi z.B. ist die Göttin der Schönheit, der Muse und der Künste. Das Wort Lakshmi bedeutet auch Glück, Schönheit und Reichtum und ich habe gelesen, das Wort Lakshmi hängt etymologisch zusammen mit dem griechischen Wort ‘lux’ für Licht und daraus abgeleitet auch das englische Wort ‘luck’. Das kommt alles aus demselben Wortstamm. Also ‘luck’ für Glück. Und die Göttin Lakshmi als Gemahlin von Vishnu ist einfach ein weiterer Aspekt der einen göttlichen Mutter. Ebenso Saraswati, die Göttin der Schönheit, Muse, Künste und der Weisheit. Weitere Aspekte sind dann z.B. noch Gauri, das heißt übersetzt ‘die gut Aussehende’ oder Bhairavi heißt übersetzt ‘die Grausame’.
Und jeder dieser einzelnen wichtigen Aspekte wie Durga, Kali, Lakshmi usw. haben jeweils 108 Namen oder 108 Erscheinungsformen, die dann jeweils auch noch einmal anders aussehen und andere Eigenschaften haben, aber letztlich sind sie alle eins. Letztlich gibt es nur einen Gott oder ein göttliches Prinzip oder eine Form der göttlichen Mutter. Die göttliche Mutter steht letztlich für alles, was wahrnehmbar, veränderbar oder dynamisch ist. Ihr kennt sicherlich alle das Symbol des Shiva Lingam – vorne auf dem Altar haben wir einen stehen -, das ist ein Oval, welches in eine Fassung eingegeben ist. Und der Shiva Lingam ist, wie ich finde, ein wunderschönes Symbol für Gott, denn dieses Oval steht für Shiva, für das absolute Bewusstsein, für das, was wir im Vedanta als Brahman bezeichnen. Das, was immer gleich ist, was unveränderlich ist, was ewig ist, was unvergänglich ist, was unberührt ist von allen Veränderungen. Das ist Shiva. Und Shiva ist eingefasst in Shakti. In das Veränderliche, in das Manifeste, in das Dynamische. Die göttliche Mutter ist sozusagen alles, was in Bewegung ist, die ganze Schöpfung, alles, was wir wahrnehmen können, und Shiva ist das, was dem zugrunde liegt. Shiva ist eingefasst in die göttliche Mutter, in Shakti. Das zeigt sich wunderbar in diesem Symbol des Shiva Lingam.
Die drei wichtigsten Aspekte der göttlichen Mutter sind Durga, Lakshmi und Saraswati, und diese stehen auch für die Gunas. Durga ist Tamas, also eher das Träge, Dunkle. Lakshmi ist Rajas, das, was in Bewegung ist, was aktiv ist. Und Saraswati ist das Reine und Klare. Diese drei Aspekte stehen auch für den spirituellen Weg, und das spiegelt sich in dem Navaratri Fest wunderbar wider. Navaratri, die neun Tage zur Verehrung der göttlichen Mutter. Da wird ja zuerst drei Tage Durga verehrt, dann drei Tage Lakshmi und dann drei Tage Saraswati. Auf dem spirituellen Weg ist es so, dass wir in der ersten Phase viel mit unserer dunklen Seite zu tun haben; wir wollen meditieren, und da ist all diese Unruhe, und all diese Erinnerungen und die vielen Gedanken, bis wir es schaffen, irgendwann darüber hinauszugehen und das zu beobachten. Dann kommen wir irgendwann in eine Phase, wo wir über diese dunklen Seiten von uns hinausgehen und in die Fülle eintreten. Dafür steht Lakshmi. Wenn wir erkennen, eigentlich sind wir eins mit allen, eigentlich ist alles gut und es gibt eigentlich nicht viel zu erreichen, dann stellen wir fest, dass das Leben eigentlich eine totale Fülle ist und wir nur daraus zu schöpfen brauchen. Und wenn wir dann weiter voranschreiten, kommt der Aspekt von Saraswati, Saraswati, die Weisheit, die Klarheit, in die wir eintreten und aus der heraus wir dann auch eine Muse entwickeln, das Leben fließen zu lassen. Denn das ist die wörtliche Bedeutung des Wortes Saraswati, Saraswati heißt ‘die Fließende’. Es gab vor 5000 Jahren auch einen Fluss, der Saraswati hieß. Und so ist dann die dritte Phase auf dem spirituellen Weg, wenn wirklich alles ins Fließen kommt und wir aus einer inneren Weisheit heraus schöpfen. Das sind diese drei Phasen, die den Gunas entsprechen. Dann geht es ja darum, dass wir irgendwann über die Eigenschaften der Natur hinausgehen, und das passiert dann beim Navaratrifest am 10. Tag. Der 10. Tag heißt Vijaya Dashami. Da wird der Sieg gefeiert, der Sieg über die Gunas kann man sagen. Der Moment, wenn wir über den Moment der Erscheinungswelt hinausgegangen sind und erkannt haben: Ich bin eigentlich Shiva, das göttliche Bewusstsein und habe mich verheddert in Shakti, der Manifestation der göttlichen Mutter. Und so steckt sehr viel Symbolkraft hinter diesen ganzen Göttern und es ist gut, sich damit zu beschäftigen und zu schauen, was steht eigentlich dahinter.
Ich und die Devi
Ich selbst habe Zugang bekommen zur göttlichen Mutter, als ich in Indien war. Ich bin, als ich das erste Mal in Indien war, sehr skeptisch gewesen gegenüber diesem Fluss, der da fließt, dem Ganges, ich habe vorher gedacht, oh mein Gott, das ist ja eine Kloake und die Leute springen da rein und meinen, das sei heilig. Und dann habe ich dort gesessen und habe meditiert und plötzlich habe ich eine Verbindung gespürt zwischen mir und diesem Fluss und habe erkannt, dass dieser Fluss mehr ist als ein einfacher Fluss. Ich habe früher auch schon mal am Rhein und an der Wupper gesessen und meditiert, aber es ist was andres, als am Ganges zu sitzen. Da ist wirklich eine ganz besondere Energie dahinter. Ich habe während dieser Meditation, die ich da hatte – die Wupper ist natürlich der kraftvollste Fluss in Deutschland, aber verliert an Kraft – Zugang bekommen zu dieser Kraft und seitdem weiß ich, dass sich die göttliche Mutter in verschiedenen Formen manifestieren kann und es gibt eben Stellen, wo man sie leichter spüren kann und Stellen, wo man sie weniger leicht spüren kann. Bei uns ist es die Wupper, in Indien der Ganges, an solchen Plätzen oder Kraftorten, Externsteinen, Kölner Dom oder an diesen vielen Pilgerorten in Indien, ist eine besondere Kraft. Dort kann man leichter Zugang bekommen zu diesen feinstofflichen Kräften, und es ist gut, das zu nutzen und an solche Plätze zu gehen, wo ein starkes Energiefeld ist, weil man dort viel leichter den Geist öffnen kann und in Kontakt treten kann zur göttlichen Mutter. Punkt.