Als Swami Vivekananda im Jahr 1893 bei der internationalen Konferenz der Religionen “Parliament of World´s Religions” in Chicago auftrat, legte er damit den Grundstein für die Verbreitung der indischen Spiritualität im Westen.
Swami Vivekananda
Als wichtigster Schüler des großen Meisters Sri Ramakrishna trat er stets für die Einheit der Religionen ein und betonte, dass alle Religionen zum selben Ziel führen. Er stärkte mit seinem Auftritt in Amerika das Selbstbewusstsein der Hindus und förderte damit auch den aufkommenden Nationalismus als Grundstein für die Friedliche Revolution Ghandis.
Swami Vivekananda schrieb einige wichtige Bücher und gründete nach über 3 Jahren in den USA in Indien die wohltätigkeits-Organisation “Ramakrishna Mission” und den Mönchsorden “Ramakrishna Math” in Gedenken an seinen Meister.
Swami Vivekananda lebte nur 39 Jahre
Geboren wurde Swami Vivekananda als Narendranath Datta am 12. Januar 1863 in Kalkutta und er hat bereits wieder am 4.Juli 1902 seinen Körper verlassen, somit wurde er nur 39 Jahre alt. Gestorben ist er in tiefer Meditation an einer Blutung im Gehirn.
Der junge Narendra war sehr unruhig und wissbegierig, er interessierte sich sehr für Spiritualität und Meditierte gerne, seine Mutter soll gesagt haben:
“ich betete zu Shiva für einen Sohn und bekam einen seiner Geister.”
Er hat sehr viel gelesen und interessierte sich dabei nicht nur für die alten indischen Texte sondern auch für westliche Philosophie, im Studium “europäische Philosophie” und “Rechtswissenschaft” galt er als sehr intelligent und er machte hervorragende Abschlüsse. Er wurde Mitglied in der Hindu Reformbewegung Brahma Samaj, war kurzzeitig zum Christentum konvertiert und ab 1884 in der indischen Freimaurerloge.
Swami Vivekananda und Sri Ramakrishna
Als er zum ersten Mal zu seinem späteren Guru Sri Ramakrishna kam, stand dieser auf und sagte: “Endlich, warum hast du mich so lange warten lassen?”, aber es sollte noch eine Weile dauern bis er ihn als Guru annahm. An einem gewissen Punkt seiner spirituellen Suche fragte er alle Leute “hattest du eine Begegnung mit Gott?”, keiner konnte ihm eine zufriedenstellende Antwort geben, ausser schliesslich Sri Ramakrishna der dann sein Meister wurde.
Bevor Ramakrishna am 16 August 1886 seinen Körper velassen hat, übertrug er die Verantwortung für alle seine Schüler an Narendranath, im Dezember desselben Jahres legte er seine Gelübde ab und wurde Swami Vivekananda.
Von 1888 bis 1893 wanderte er als Bettelmönch durch Indien um das Land zu sehen und weiter zu lernen, bis er dann am 31.Mai 1893 von Bombay nach Japan, China, Kanada und schließlich Amerika flog.
Ramakrishna sagte bei seiner ersten Begegnung mit Vivekananda:
„Wie konntest du nur so grausam sein und mich so lange warten lassen! Meine Ohren sind fast verbrannt vom Gerede der weltlichen Besucher. Oh, ich sehne mich so sehr danach, mich zu erleichtern bei einem, der meine tiefsten Erfahrungen würdigen kann… Mein Herr, ich weiß, ihr seid jener alte Weise Nara, die Inkarnation von Narayana, und seid zur Erde gekommen, um die Not der Menschen zu überwinden.“
Vivekananda und die Konferenz der Weltreligionen
Im Rahmen der großen Weltausstellung wurden in Chicago viele Konferenzen zu über 200 verschiedenen Themen organisiert, die Idee des “Parliamentof World´s Religions” war damals revolutionär, denn noch nie haben sich die Vertreter der großen Religonen zuvor offiziell zusammengesetzt um sich auszutauschen. Tatsächlich war Swami Vivekananda nicht zu der Konferenz eingeladen, jedoch ließ er sich nicht aufhalten. In der Nacht vor seinem großen Auftritt schlief er in einem ausrangierten Güterwagon, da er als farbiger keinen Schlafplatz bekam. Mit seiner ersten von mehreren Reden zog er die Aufmerksamkeit auf sich, er begann mit den Worten “Brüder und Schwestern Amerikas!” und bekam dafür bereits einen 2-Minütigen Applaus. Nach seinem Auftritt bekam er unzählige Einladungen zu Vorträgen und er reiste 3 Jahre durch Amerika, er gab in dieser Zeit bis zu 14 Vorträge wöchentlich. In Amerika wurde durch seine Inspiration die Vedanta Society gegründet. Ihm wurde sogar ein Lehrstuhl in Harvard und an der Columbia University für östliche Philosophie angeboten.
Auszug aus Vivekanandas Reden in Chicago:
- »Ich bin stolz zu einer Religion zu gehören, welche die Welt Toleranz und universale Akzeptanz gelehrt hat. Wir glauben nicht nur an die universale Toleranz, sondern wir nehmen auch an, dass alle Religionen wahr sind.«
- “Brüder, ich will Euch einige Verse einer Hymne vortragen, die ich von frühester Kindheit an wiederholt habe und die jeden Tag von Millionen Menschen gesungen wird: Wie die verschiedenen Ströme, die ihre Quellen an verschiedenen Orten haben, alle ihre Wasser im Ozean vermengen, oh Herr, so führen die verschiedenen Wege, die die Menschen aufgrund verschiedener Neigungen nehmen, wenn sie auch noch so unterschiedlich erscheinen mögen, gewunden oder gerade sind, alle zu dir.” (aus dem Shiva Mahima Stotram)
- »Der Christ soll kein Hindu oder Buddhist werden, noch soll ein Hindu oder Buddhist ein Christ werden. Aber jeder muss den Geist der anderen aufnehmen und dennoch seine Individualität bewahren und wachsen nach seinem eigenen Gesetz des Wachstums. Wenn das Parlament der Religionen der Welt eines gezeigt hat, dann dies: Es hat der Welt bewiesen, dass Heiligkeit, Reinheit und Nächstenliebe nicht die exklusiven Besitztümer irgendeiner Kirche der Welt sind und dass jedes System Männer und Frauen mit herausragendem Charakter hervorgebracht hat. Und sollte jemand vom ausschließlichen Überleben der eigenen Religion und der Zerstörung der anderen träumen, dann habe ich aufgrund dieser Tatsache aus tiefstem Herzen Mitleid mit ihm und mache ihn darauf aufmerksam, dass trotz Widerständen auf dem Banner jeder Religion bald geschrieben stehen wird: ›Hilfe und nicht Kampf‹, ›Anpassung und nicht Zerstörung‹, ›Harmonie und Frieden und nicht Uneinigkeit‹.«
Kritik an Swami Vivekananda
Seine große Rede in Chicago öffnete die Türe zu einer neuen Sichtweise auf den Hinduismus, da er viele befremdliche Aspekte aus dem Hinduismus ausklammerte und nur die Positiven hervorhob, dies führte jedoch zu einer verzerrten Wahrnehmung Indiens und des Hinduismus im Westen. Auch seine Vermittlung des Yoga war eine wesentliche Vereinfachung der komplexität indischer Spiritualität, so propagierte er z.B. die Idee vielen Yogawege, natürlich gibt es die Yogawege, jedoch sind diese nicht so klar zu trennen wie Vivekananda dies versucht hat. Auch wurde Swami Vivekananda vorgeworfen die Lehre des Advaita Vedanta verkürzt und damit verwässert zu haben.
Ich denke, dass Swami Vivekananda ein großes Lebenswerk vollbracht hat und es damals sehr wichtig war die Lehren vereinfacht zu vermitteln, denn dadurch hat er vieles erreichen können. Hätte er auf der Konferenz über Sadhus, Kasten, Kalikult und Samadhi gesprochen, wäre seine Wirkung eine andere gewesen.
In diesem Spiegelartikel gibt es noch einige Hintergründe.
einige Zitate von Swami Vivekananda
- Eine Theorie, die nicht praktisch im Leben Anwendung finden kann, ist wertlose Gedankenakrobatik.
- Alles kann für die Wahrheit geopfert werden, aber für nichts kann die Wahrheit geopfert werden.
- Der Intellekt gleicht Gliedmaßen ohne die Fähigkeit der Bewegung. Erst wenn Gefühl hinzukommt und sie beweglich macht, können sie sich rühren und andere beeinflussen.
- Du kannst nicht an Gott glauben, wenn du nicht an dich selbst glaubst.
- Fanatiker sind ehrlich überzeugte Menschen, aber gleich anderen Geisteskranken in dieser Welt nicht zurechnungsfähig. Fanatismus ist eine der gefährlichsten Krankheiten. Er weckt alles Böse in der menschlichen Natur. Er reizt den Menschen auf zu Zorn und Haß und verwandelt ihn in einen Tiger.
- Religionen sind verschieden, aber es gibt nur einen einzigen Gott. Gott ist wie das Wasser, das die verschiedenen Gefäße füllt, und in jedem Gefäß nimmt die Vision Gottes die Gestalt des Gefäßes an.
- Eine Gemeinschaftsreligion kann es niemals geben. Die wirkliche Religionsarbeit ist Privatsache. Ich habe meine eigene Idee, die für mich heilig ist und die ich für mich behalten sollte. Ich weiß, dass sie nicht deine Idee zu sein braucht. Zweitens, warum sollte ich Unruhe stiften, indem ich jedem erzähle, was meine Idee ist. Andere könnten kommen und mich bekämpfen. Sie können es nicht, wenn ich es ihnen nicht sage — aber wenn ich überall meine Idee hinausposaune, wird es Opposition geben. Warum also darüber reden? Dieses erwählte Ideal sollte geheim gehalten werden, es ist zwischen dir und Gott. Nur die theoretischen Teile der Religion können öffentlich und in Gemeinschaften gepredigt werden.
- Erfahrung ist der einzige Lehrmeister, den wir besitzen. Wir können unser Leben lang reden und debattieren und werden trotzdem kein aus der Wahrheit gesprochenes Wort verstehen, solange wir sie nicht an uns erfahren.
- Es gibt keine zwei Menschen mit gleichem Körper oder Geist. Es gibt keine zwei Menschen mit der gleichen Religion. Lerne von allen, aber halte an deinem eigenen Standpunkt fest. Religion besteht nur zwischen dir und deinem Gott; keine dritte Person darf zwischen euch kommen. Sterbe lieber beim Ausarbeiten deiner eigenen natürlichen Religion, als der Religion eines anderen zu folgen, wie gut auch immer diese sein mag.
- Feuer an sich ist weder gut noch böse. Wärmt es uns, so freuen wir uns an ihm, brennt es uns, so sind ihm gram. – ebenso verhält es sich mit der Welt.
- Freiheit ist nichts anderes als Beseitigung der Unwissenheit, und die schwindet nur, wenn wir das Innere kennen.
- In Wirklichkeit bin ich nichts anderes als Zeuge! Nichts kann mich von außen berühren.
- Habe den Mut, zur Wahrheit zu kommen, auch wenn es durch die Hölle geht.
- Bringt Licht den Armen, und bringt noch mehr Licht den Reichen, denn sie brauchen es mehr als die Armen.
- Wenn du gebunden bist, wirst du gebunden bleiben. Wenn du es auszusprechen wagst, daß du frei bist, bist du im gleichen Augenblick frei.
- Unabhängigkeit im Denken ist das erste Kennzeichen der Freiheit. Ohne sie bleibst du ein Sklave der Umstände.
- Viele verschiedene Wege führen zum Ziel. Unwissende jedoch versteifen sich auf einen Standpunkt. Sie verweigern anderen, das Universum nach eigener Auffassung zu interpretieren, und wagen zu sagen, dass die anderen unrecht haben und sie allein im Recht sind. Sie glauben aufrichtig zu sein und ignorieren alle anderen.
- Wir müssen verstehen, dass die Wahrheit, von einem anderen Standpunkt aus gesehen, wahr sein kann, und doch nicht dieselbe Wahrheit ist. Die absolute Wahrheit ist eine, während relative Wahrheiten unterschiedlich sind. Millionen Strahlen kommen von der Sonne als ihrem Zentrum. Je weiter sie von diesem Zentrum entfernt sind, desto größer sind die Abstände zwischen ihnen. Ebenso gibt es ein Zentrum, welches das absolute Ziel der Menschheit ist. Es ist Gott. Wir sind die Strahlen. Die Abstände zwischen den Strahlen sind die Begrenzungen unserer Wesensart, und nur von unserer eigenen Warte aus können wir die Sicht Gottes erlangen. Dadurch hat jeder eine andere Sicht der Absoluten Wirklichkeit. In dieser Hinsicht sind alle Ansichten wahr, und wir brauchen uns nicht miteinander zu streiten.
- Geh in dich hinein und hole das Wissen aus deinem eigenen Selbst heraus. Du bist das größte Buch, das jemals war und jemals sein wird … Alle äußere Belehrung ist vergebens, solange der innere Lehrer nicht erwacht. Es muß dazu führen, daß das Buch des Herzens sich öffnet, um wertvoll zu sein.