Liebe, Kraft und Wissen: übersinnliche Fähigkeiten. Das 3. Kapitel des Yoga Sutra befasst sich mit den ungewöhnlichen Kräften die man entwickeln kann, wenn man lernt Samyama zu üben. Also wenn wir unsere Konzentration auf etwas vertiefen, können wir damit verschmelzen und uns bestimmte damit verbundene Fähigkeiten aneignen. Wobei diese Kräfte je nach spiritueller Kraft bzw. stärke der Konzentration unterschiedlich ausgeprägt sein werden.
In diesem kurzen Abschnitt beschreibt Patanjali wie man positive Eigenschaften, Intuition und spezifische Fähigkeiten von Tieren bekommen kann.
Vibhuti Pada, Vers 24, Patanjali Yoga Sutra
3.24 मैत्र्यदिषु बलानि
maitry-adiṣu balāni
maitrī = Liebe, Güte, Wohlwollen, Freundlichkeit
ādiṣu = Beginn, Anfang, weitere, über
balāni = Kräfte, Gewalt, Wucht, Stärke
“Durch Ausrichtung auf Liebe und anderen positiven Eigenschaften (siehe YS 1.33) entstehen entsprechende Kräfte.”
Wenn wir uns auf die Liebe im weitesten Sinne konzentrieren, also uns bewusst sind, dass wir über die Liebe mit allem verbunden sind, werden wir Kräfte entwickeln die uns immer mehr in den Einklang mit der Welt die uns umgibt bringen. Es ist die allumfassende und bedingungslose Liebe die uns zur Einheit führt und auf dem Weg dorthin kultivieren wir konstruktive Eigenschaften die unser Wesen transformieren. Sich auf die Liebe auszurichten ist eine entscheidende Praxis auf dem Weg zu Gott.
Vibhuti Pada, Vers 25, Patanjali Yoga Sutra
3.25 बलेषु हस्तिबलादीनी
baleṣu hastibalādīnī
baleṣu = in die Gewalt, Wucht, Stärke, Kraft
hasti = Elefant, mit Händen
balādīni = ursprüngliche, erste – Stärke, Kräfte (=geistig& körperlich)
“Samyama auf einen Elefanten kultiviert die entsprechende Kraft.”
oder
“Durch Meditation auf Kraft entsteht die Stärke eines Elefanten.”
Manche Kommentatoren interpretieren das Wort “Elefant” nur als Beispiel, also sie sagen, dass man generell die Kräfte der Tiere kultiviert auf die man Samyama übt. Das klingt für mich sehr plausibel, wenn ich mich auf eine bestimmte Eigenschaft konzentriere bzw. versenke kann ich diese in mir entwickeln, und bestimmte Tiere verkörpern jeweils verschiedene Eigenschaften die wir uns so aneignen können. Wir tragen alles in uns und können aus unserem Potential schöpfen wenn wir dazu die Türen öffnen.
Vibhuti Pada, Vers 26, Patanjali Yoga Sutra
3.26 प्रवृत्त्यालोकन्यासात् सूक्ष्माव्यावहितविप्रकृष्टज्ञानम्
pravṛtty-āloka-nyāsāt sūkṣmā-vyāvahita-viprakṛṣṭa-jñānam
pravṛtti = Quelle, Ursprung, Fortschreiten, Hervorkommen, Tätigkeit
āloka = inneres Licht, sehen, erblicken,
nyāsā = durch Projizieren/ darauf ausrichten, Hinsetzen, Niedersetzen, Niederlegen
sūkṣma = des Feineren, Subtilen, fein, schmall, dünn
vyavahita = das Verborgene, das Verdeckte, getrennt, entfernt
viprakṛṣṭa = das Entfernte, auseinandergezogen, entfernt,
jñāna = Wissen, Erkenntnis, Erkennen, Verstehen
“Ausrichtung auf Licht führt zu intuitivem Wissen über subtiles, verstecktes oder entferntes.”
oder
“Durch Samyama auf inneres Licht bekommt man Wissen über Feines, Verborgenes, Entferntes.”
Wenn wir die Augen schliessen und schauen, so finden wir dort nicht nur Dunkelheit sondern es erstrahlt von innen ein Licht. Die Ausrichtung auf dieses Licht öffnet unsere Intuition und die feinstoffliche Wahrnehmung, wir können unser Blickfeld erweitern indem wir lernen dieses Innere Licht zu stärken. Wir können den Vers auch so interpretieren, dass es einfach um das Licht als solches geht, und es hilfreich ist sich auf dieses zu fokussieren. Wir stärken unser Energiefeld wenn wir uns des Lichtes bewusst sind welches unsere Umwelt erhellt, denn alles worauf wir uns ausrichten bildet resonanz mit uns selbst.
Soweit meine Gedanken zu den Versen 24-26 des 3. Kapitels im Yoga Sutra des Patanjali.