Wiedergeburt ist im Hinduismus und im Yoga sowie in vielen anderen östlichen Lehren eine wichtige Grundlage des Weltbildes, es ist ein wichtiges und zugleich schwieriges Thema. Ich möchte gerne aus meiner bescheidenen Sicht dieses komplexe Thema vorstellen, um gängige Misverständnisse aus dem Weg zu räumen. Für mich ist dieses Thema eines der Kerninhalte des spirituellen Lebens und die Reinkarnationslehre erfüllt mein Sein mit Sinn.
Wiedergeburt & Reinkarnation
Ich denke, der Gedanke der Wiedergeburt impliziert die Sinnhaftigkeit des menschlichen Lebens, und erklärt vieles was sonnst leicht als sinnlos erscheint. Da es sich hier um ein metaphysisches oder spirituelles Thema handelt, ist es vollkommen unwissenschaftlich und lässt sich nicht beweisen.
Grundlage meiner Sichtweise über Reinkarnation und Wiedergeburt ist die Lehre des Yoga bzw. das Advaita Vedanta. Die Idee im wesentlichen “Satchidananda” zu sein, also die “Bewusstsein, Existenz und absolute Zufriedenheit” als das wahre Selbst zu sehen, bedeutet die Unvergänglichkeit von dem was ich wirklich bin.Wir sindnciht der vergängliche Körper mit seinen Gefühlen und Erfahrungen, wir identifizieren uns nur fälschlicher Weise mit Körper und Persönlichkeit, dies ist die wesentliche Ursache allen Leids.
Warum Wiedergeburt im Hinduismus als Konzept Sinn macht
Der Reinkarnationslehre zufolge endet das Leben nicht mit dem Tod, sondern die Seele geht in eine neue Ebene des seins ein. Solange wir daran glauben ein getrenntes und handelndes Indiviuum zu sein, sind wir gefangen im Kreislauf der Wiedergeburten, der “Samsara” genannt wird. Sobald wir die Identifizierung mit unserem Werkzeug, also dem Körper mit all seinen Funktionen zu denen auch das denken und fühlen gehört, transzendieren oder loslassen, sind wir aus diesem Kreislauf befreit- und erkennen, wer wir wirklich sind.Oder anders gesagt: sobald wir wahrlich erkannt haben was die Natur des Selbst ist, haben wir uns vom Nicht-Selbst gelöst und sind frei.
Aus sicht des Yoga ist das Ziel des Lebens sich zu befreien aus Samsara, um so eins zu werden mit Gott, bzw. Gott ganz durch sich hindurch wirken zu lassen. Das Wort Inkarnation leitet sich vom lateinischen Wort Karne ab, wie bei “Chilly con Carne” oder “Karneval” und bedeutet Fleisch. Also Inkarnation ist “Ins Fleisch gehen”- das Geistige verkörpert sich als Mensch.
Grundlagen des Konzeptes Reinkarnation:
Und das Ganze aufbereitet in einem Interview:
Die Lehre des Yoga beruht auf die Einsichten und Erkenntnisse der Yogameister. In alten Zeiten haben die Meister sich aus dem weltlichen Leben zurückgezogen, und sich ganz der Innenschau gewidmet. Zum Teil haben sie sich über Jahrzehnte in die Einsamkeit zur Meditation zurückgezogen und haben dort tief im inneren der Seele die Wahrheit über das Leben und Sterben herausgefunden. Die Lehre der Reinkarnation ist ein Konzept, ein Versuch die Wahrheit jenseits aller Namen und Formen zu beschreiben. Es gilt diese aussagen nicht 1 zu 1 wörtlich zu nehmen, sondern zwischen den Zeilen die Botschaft zu erfassen.
Zwei wichtige Begriffe sind zunächst:
- Samsara Der Kreislauf von Geburt und Tod
- Moksha Die Befreiung aus dem Kreislauf
Die Welt besteht aus mehreren Ebenen oder Dimensionen. In den alten Texten der Inder werden bis zu 14 Ebenen unterschieden, wichtig für die Reinkarnationslehre sind jedoch drei:
- Bhur Loka -die manifeste oder erdnahe Ebene
- Bhuvar Loka -die feinstoffliche oder astrale Ebene
- Svahar Loka -die kausale oder ursächliche Ebene
Diese drei Ebenen entsprechen natürlich den drei Körpern des Menschen:
- Sthula Sharira –der grobstoffliche Körper
- Sukshma Sharira –der feinstoffliche Körper
- Karana Sharira –der kausale Körper
Reinkarnation & Wiedergeburt – vom Leben und Sterben
Der Mensch lebt zwar in den drei Ebenen und besteht aus den entsprechenden drei Körpern, ist sich jedoch nur des grobstofflichen Bereiches voll bewusst. Nach dem Tode tritt die “Seele” in verschiedene Bereiche ein, bevor sie wieder neu inkarniert.
Der Begriff “Seele” ist komplex und verschiedenes kann damit gemeint sein. Manchmal meint man den Wesenskern, das Selbst bzw. den Atman mit dem Wort Seele. Über die genauere differenzierung der Begriffe Seele und Atman schaue bitte in den entsprechenden Artikel.
Im Zusammenhang mit der Wiedergeburt ist jenes gemeint, welches von einer Geburt in die nächste wechselt, also eine Seelenwanderung durchläuft. Und das ist Karana Sharira, also der kausale Körper mit den tiefsitzenden Programmierungen. Es stirbt nur Sukshma Sharira, der physische Körper und Sukshma Sharira löst sich auf, der “Rest” wandert in den nächsten Körper und kann “Seele” genannt werden. Das Selbst ist jenseits der Körper, das unberührte und unveränderliche Bewusstsein.
Aus Yoga Sicht geschieht beim Sterben folgendes
Bhur Loka: Aus verschiedenen Gründen ist Sukshma Sharira, der physische Körper nicht mehr überlebensfähig. Er ist alt, krank oder durch einen Unfall beschädigt. Beim sterben löst sich nun “Die Seele” also Sthula und Karana Sharira vom Körper und existiert dann zunächst in Bhur und Bhuvar Loka, also als feinstoffliches Wesen nahe der grobstofflichen Welt. Man sagt die Seele bleibt etwa 2-3 Tage in dieser Ebene und löst sich so schrittweise aus der letzten Inkarnation. Daher ist es gut in dieser Zeit in der nähe des Toten zu bleiben, und ihm Energie und Liebe zukommen zu lassen. Nach einer gewissen zeit öffnet sich ein Kanal oder Tunnel, durch den die Seele dann in die höheren Ebenen eingeht. Dazu benötigt die Seele Mut und Energie und wird durch Lichtwesen und verstorbene Verwandte unterstützt. Man kann die Seele beim übergang unterstützen durch Gebete, Rituale und wohlwollende Gedanken. Gut ist es, wenn die Hinterbliebenen den verstorbenen loslassen, also bei aller Trauer akzeptieren das es irgendwann Zeit ist zu gehen.
Bhuvar Loka: Die Seele des verstorbenen hat sich also von der physischen Hülle gelöst und nach einiger Zeit öffnet sich der Kanal oder Tunnel aus Licht, der in die nächst feinstofflichere Ebene führt. Je nach Art des Denkens und Fühlens im vorangegangenen Leben, wird Bhuvar Loka dann unterschiedlich erlebt, als Himmel oder Hölle. Diese Welt ist sehr unkonkret, ähnlich wie ein Traum. Dort kann man je nach dem auf Verwandte, freunde und wichtige Personen aus dem Leben treffen. Normalerweise zieht es die Seele dann von hier aus wieder in die nächste Inkarnation auf Erden, siehe unten.
Svahar Loka: Meister die selbstverwirklicht sind lösen sich auch von Sthula Sharira und gehen in die höheren Welten auf. Wenn sich sich soweit von der Identifikation mit den Körpern und seinen Funktionen gelöst haben, ist die Seele frei und es ergeben sich verschiedene Möglichkeiten.
Ein erwachter Meister kann nach dem Tod des Körpers:
- sich ganz in Brahman auflösen bzw. ins Nirvana eingehen.
- Als Siddha/ Bodhisattwa auf die Welt zurückkehren um anderen Seelen zu helfen.
- Als aufgestiegene Meister oder Engel aus den anderen Dimensionen den Seelen helfen.
- Sich frei im unendlichen Universum bewegen…
Und wenn die Seele neu Inkarniert:
Von Bhuvar Loka aus wird die Seele früher oder später wieder ins physische dasein gezogen. Da noch Karma auszuarbeiten ist und die endgültigen Lektionen des Lebens in dieser Welt offenbar noch nicht bewältigt wurden. Man sagt die Seele kommt genau an den Platz auf Erden der den Lernaufgaben und dem grad der Entwicklung entspricht. Im Moment der Empfängnis ist schon eine Seele da und ist dann während der Schwangerschaft lose an den neu heranwachsenden Körper gebunden. Nach der Geburt verschmilzt die Seele dann mehr und mehr mit der neuen physischen Hülle. Die Seele vergisst bei diesem Prozess ihre wahre Natur und das Spiel beginnt wieder von vorne. Allerdings heisst es ein Gottsucher macht im nächsten Leben weiter wo er aufgehört hat, das ist doch beruhigend!
Man kann sich Samsara vorstellen wie eine Schule, eine Reinkarnation ist wie das versetzen in eine neue Schulklasse. Zwangsläufig entwickeln wir uns immer weiter und kommen ganz von selbst irgendwann zum Ziel. Yoga-Sadhana (und allgemein spirituelle Übungen!) beschleunigen diesen Prozess.
Ziel des Lebens:
Ausgehend von dieser Reinkarnationslehre ist das Ziel des Lebens sich aus diesem Kreislauf zu befreien. Befreiung geschieht durch das Erkennen des Selbst oder Gottes, bzw. der Wirklichkeit. Wir erkennen dann, das die Gefangenschaft in Samsara nur eine Illusion war, und das Selbst immer eins ist mit allem.
Q & A zu Reinkarnation und Wiedergeburt
Wo kommen all die Seelen her? Es werden doch immer mehr?
- Das Leben Manifestiert sich immer neu, so wie das Universum expandiert
- Seelen gehen durch Entwicklungsstadien, vom Tier zum Mensch zum…
- Laut Veden gibt es Leben (-Seelen!) auf anderen Planeten
- Das ganze Universum ist belebt…
Braucht man eine Rückführung um weiter zu kommen?
Es ist möglich sich mit entsprechend geschulten Therapeuten in vergangene Leben zurückführen zu lassen, um dadurch mehr über sich zu erfahren. Ich denke es macht in der Regel wenig Sinn, wenn es so weit ist und es so sein soll, werden wir alle Informationen bekommen die wir brauchen. Es macht Sinn das wir nicht alles über frühere Leben wissen, wir haben ja schon genug zu tun die Traumatas aus diesem Leben zu bearbeiten! Allerdings gibt es Fälle von Krankheiten oder seelischen Problemen die ihre Ursachen weit in der Vergangenheit haben. Da kann es sinnvoll sein sich zurückführen zu lassen. Es gilt aber hier den Therapeuten sehr sorgfältig auszuwählen…
Was geschieht mit Seelen von Fehlgeburten oder Abtreibungen?
Wie oben beschrieben, bindet sich eine Seele erst nach und nach an den neu entstehenden Körper. Manche Seelen stellen sich zur Verfügung, um den bereits inkarnierten Menschen bestimmte Erfahrungen zu ermöglichen. So wachsen wir ja durch jede Erfahrung die uns tief berührt, ohne die schlechten Erfahrungen unserer vergangenheit wären wir nicht, wer wir sind. Wir können also den Seelen dankbar sein, die uns besondere Erfahrungen machen lassen. Ich denke wir brauche uns keine Sorgen machen darüber, ob die Seele eines verstorbenen Kleinkindes vielleicht traumatisiert oder verängstigt ist. Nach dem Tode erinnert man sich ja wieder an sein wahres Wesen.