Patanjali Yoga Sutra 2.40
śaucāt svāṅga-jugupsā parairasaṁsargaḥ
svāṅga = die eigenen Teile, der eigene Körper
jugupsā = Abscheu, Abstand, Abwendung
paraiḥ = mit anderen, von anderen, von äußerlichem
asaṁsargaḥ = kein Kontakt, Kontaktlosigkeit, Unberührtheit, Nicht beeinflusst
“Reinheit führt zu Abstand gegenüber dem eigenen Körper und dem Kontakt mit anderen.”oder“Durch die Reinheit lehnt man den eigenen Körper ab und meidet Berührungen mit anderen.”
“Patanjali sagt, nicht Vernachlässigung und Verdreckung sind ein Zeichen für das Nicht-Verhaftetsein an den Körper, sondern wenn wir uns um Sauberkeit bemühen, hilft uns das, uns besser davon lösen zu können.”
“Diese Körpersucht ist die größte Pest des menschlichen Lebens.”
“Wird der Körper makellos sauber gehalten, wird klar, dass er nur ein Instrument für den Weg zur Selbstverwirklichung ist.”
Patanjali Yoga Sutra 2.41
sattva-śuddhiḥ saumanasya-ikāgry-endriyajaya-ātmadarśana yogyatvāni ca
śuddhiḥ = Reinigung, Reinheit
saumanasya = heiteres Gemüt, positives Denken, Heiterkeit
ekāgrya = Konzentration, Ausrichtung, Einpünktigkeit
indriya = Sinne, Wahrnehmungsorgane, Sinnesorgan
jayā = Beherrschung, Sieg über
ātmadarśana = Selbstverwirklichung, Selbsterkenntnis
yogyatvāni = Eignung zu, Fähigkeit
ca = und, auch
Dadurch kommt Klarheit, Heiterkeit, Einpünktigkeit, Beherschung der Sinne und die Fähigkeit zur Erkenntnis des Selbst.oder“Ist der Körper gereinigt, das Gemüt heiter, der Geist einpünktig und die Sinne Kontrolliert, wird auch die Eignung zur Selbstverwirklichung erreicht.”
- sattva-śuddhiḥ Ist der Zustand des reinen Sattwa, des subtilen und klaren Gunas.
- saumanasya Ist das mühelose positive Denken, das verweilen im heiteren Gemüt.
- ekāgry Ist die einpünktige Ausrichtung der Strahlen der Aufmerksamkeit auf ein Objekt.
- indriyajaya Ist die Beherrschung der Sinne oder der Sieg über die Sinne.
- ātmadarśana Ist das Erkennen des Selbst bzw. “yogyatvāni” die Fähigkeit dazu.
Patanjali Yoga Sutra 2.42
saṁtoṣāt-anuttamas-sukhalābhaḥ
anuttamaḥ = unübertroffen, unvergleichbar
sukha = Glück, Freude, angenehm
lābhaḥ = Gewinn, Erlangen
“Durch Zufriedenheit gewinnt man unvergleichbares Glück.”
oder
“Mit Genügsamkeit findet man größtes Wohlbefinden.”
“Hat ein König zu viele Wünsche und will immer mehr, wird er wie ein Bettler. Jedoch ein Bettler, der sich zufrieden gibt mit dem was er hat, ist ein wahrer König!”
- Samtosha Zufriedenheit, ohne diese werden wir uns nciht von Begrenzungen lösen können
- Shanti Frieden, wir müssen im Einklang mit der Welt sein, um sie zu transzendieren
- Vicchara Erforschung, wir müssen den Wunsch haben die Wirklichkeit zu erkennen
- Satsang Gemeinsam in der Wahrheit, Mitmenschen spiegeln un selbst und bieten Entwicklung
Man sagt, hat man Samtosha entwickelt, kommen die anderen Punkte ganz von alleine. Es braucht aus der Sicht des Yoga NICHTS um zufrieden zu sein, ausser die innere Einstellung. In unserer modernen Welt sind wir ständig getrieben und rennen irgendwelchen Wünschen hinterher, Yoga fordert das zur ruhe kommen und sich zufrieden geben mit dem was ist. Dabei geht es nicht darum, sich innerlich zu zwingen das gegebene zu akzeptieren, sondern darum es liebevoll anzunehmen, ohne dabei fatalistisch sich dem gegebenen auszuliefern. Natürlich sollen wir uns die Welt gestalten und angenehm machen, aber eben nciht aus einem Mangelgefühl heraus, sondern quasi die Fülle verwaltend, also mit einem akzeptierenden Bewusstsein.
Patanjali Yoga Sutra 2.43
kāyendriya-siddhir-aśuddhi-kṣayāt tapasaḥ
indriya = Sinnesorgane, Wahrnehmungsorgane
siddhiḥ = übernatürliche Kraft, Zauberkraft, Fähigkeit
aśuddhi = Unreinheit, Trübsinn
kṣayāt = vernichten, auflösen, reduzieren
tapaḥ = Selbstdisziplin, Askese, Peinigung
“Durch Selbstdisziplin wird Unreinheit aufgelöst und man erlangt Kräfte über Körper und Sinne.”
oder“Durch Askese lösen sich Schlacken auf, der Körper und die Sinnesorgane werden Kraftvoll.”
Patanjali Yoga Sutra 2.44
svādhyāyād-iṣṭa-devatā saṁprayogaḥ
iṣṭadevatā = persönlicher Gott, Ideal, Lieblingsgott
saṁprayogaḥ = Vereinigung, Verbindung, Befestigung
“Das Lernen von sich selbst bringt die ersehnte Verbindung zum Lieblingsaspekt Gottes.”
oder
“Durch Studium des Selbst entsteht Vereinigung mit dem persönlichen Ideal.”
“Durch Studium, das zum Wissen über das Selbst führt, entsteht Vereinigung mit dem gewünschten Ishtadevata.”
Patanjali Yoga Sutra 2.45
samādhi siddhiḥ-īśvarapraṇidhānāt
siddhiḥ = übernatürliche Kraft, Fähigkeit, Kräfte
īśvarapraṇidhāna = Hingabe an ein höheres Ideal, persönlicher Gott, eigenes Gotteskonzept
“Durch Hingabe an Gott entstehen Selbsterkenntnis und Kräfte.”
oder“Durch Gottesverehrung entsteht die Kraft Samadhi zu erreichen.”
Patanjali betont hier die Wichtigkeit der Hingabe an Gott um auf dem spirituellen Weg weiter zu kommen. Ich denke er nimmt hier ganz bewusst keine Namen oder Formen, sondern lässt es dem Yogi offen welchem Aspekt Gottes er sich hingeben möchte. Das finde ich sehr bemerkenswert und wichtig, da es die Einheit der Religionen und die Austauschbarkeit der Gotteskonzepte unterstreicht, aber zugleich die Wichtigkeit betont sich einer höheren Macht zu unterstellen. Nur wenn wir uns ganz Gott hingeben oder wenn wir uns komplett dem Göttlichen Willen untergeben, können wir unser Ego transzendieren und es kann sich unser Bewusstsein mit dem großen Ganzen zu einer Einheit verbinden. Wobei das Konzept von Gott mit “Ishwara” ziemlich offen ist, Ishwara bedeutet wörtlich “Herr” oder “Meister”, engl. “Lord” und im übertregenen Sinne “höhere Wirklichkeit”, “unmanifeste Existenz” oder eben “Das Göttliche mit Eigenschaften”. Geben wir uns also ganz unserer persönlichen Vorstellung von Gott hin, werden wir Kräfte erwecken und den überbewussten Zustand erreichen. Patanjali vereint mit diesem Vers verschiedene klassichen Überzeugungen, es ist eben nicht nur Ashtanga der Weg zu Samadhi, sondern wie hier steht eben auch der Bhakti Weg. Grosse Yoga Meister sagen, man kommt ohne Hingabe gar nicht zur Befreiung, denn nur das völlige Loslassen und sich übergeben an eine höhere Macht öffnet für das Absolute. Hier noch einmal Swami Vishnudevananda zu diesem Vers:
“Nur durch Hingabe des eigenen Willens, des eigenen Egos, des eigenen Lebens an Gott, wird der überbewusste Zustand erllangt!”
Soweit mein Kommentar zu den Ausfühungen über die Niyamas im Sadhana Pada des Patanjali Yoga Sutra.
Sthira Sukham Asanam