Der Ramayana Epos erzählt eine spirituelle Geschichte. Indiens Spiritualität lebt vor allem von seinen Geschichten. Die Weisheiten wurden meist in Form von bunten Geschichten weitergegeben. Es gibt viele Traditionen von Vermittlung der Lehren durch verschiedenste Geschichten, ähnlich wie bei uns die Märchen. Es sind vor allem die Textarten Puranas und Itihasas welche weite Verbreitung fanden, um Menschen ohne nennenswerte Bildung in die spirituellen Weisheiten einzuführen. Vereinfacht kann man sagen: Puranas sind Geschichten der Götter, Itihasas der Menschen. Wobei sich das immer wieder vermischt, manchmal werden auch die Puranas als Itihasa betrachtet. Wie dem auch sein, die beiden großen “Heldengeschichten” sind der Mahabarata Epos, und das Ramayana.
Kurze EInführung in den Ramayana Epos
Ramayana – Die Geschichte von Rama und Sita
Verfasst wurde die Geschichte der Legende nach vom Rishi Valmiki. Dieser war zuvor als Räuber Ratnakar bekannt, durch eine Begegnung mit Narada Muni wurde er zum Rishi. Valmiki gilt als der erste Poet, sein Werk umfasst 24.000 Verse.
Das Ramayana-Epos hat sich in ganz Südasien ausgebreitet und ist für viele Kulturen bedeutsam: Nepal, Sri lanka, Thailand, Kambodscha, Malaysia, Indonesien und natürlich Indien. Im Lauf der Zeit sind viele Versionen des Textes entstanden, er wurde auch für andere Religionen angepasst: Sikh, Buddhismus und Jainismus. Der Ursprung der Ramayana wird auf das 4. bis 7. Jahrhundert vor Christus geschätzt, wobei traditionelle Hindus sagen, es stamme aus dem vorletzten Zeitalter. Der Text besteht aus 7 Büchern mit über 500 Kapiteln, wobei man heute annimmt, dass das erste und letzte Kapitel später hinzugefügt wurden. Über 20 Mal wurde der Epos verfilmt und in mehr als 10 Serien verarbeitet, es gibt viele Arten von kulturellen Darbietungen, z.B. ganz modern auch als Ballett.
Feministische Perspektive: Misogyner Epos
Durch die “aufgeklärte” Brille betrachtet, ist das Ramayana Epos ein schwieriger, weil misogyner Text. Nach der Befreiung Sitas durch Rama und seinen Helfer Hanuman aus der Gefangenschaft bei Ravana kommen alle wieder zurück nach Ayodhya an den Königshof. Nun zweifelt Rama an der Treue Sitas, weil sie doch bei einem anderen Mann gewohnt hat. “Kann ein Mann, dessen Frau im Haus eines anderen Mannes gelebt hat, einfach wieder zurücknehmen?” Fragt Rama und verstößt seine Frau, die er zuvor doch so aufwändig gesucht hat. Nun will sie ihre Reinheit beweisen und bietet eine Feuerprobe an. Sie besteigt einen Scheiterhaufen, um ihre Unschuld zu beweisen. Tatsächlich bleibt sie unversehrt und wird gnädigerweise von Rama wieder zurückgenommen. WTF.
Der Deccanchronicle schreibt hierzu:
“Das Ramayana erzählt eine unwiderstehliche Geschichte. Seit Tausenden von Jahren zieht es die Menschen auf dem indischen Subkontinent in seinen Bann. Das Epos bietet wertvolle Lektionen über Dharma und gute Regierungsführung. Allerdings ist es nicht ganz frei von patriarchalischen Einstellungen und frauenfeindlichen Gedanken. Surpanakhas Verunstaltung und Ahalyas erzwungene Frigidität sind die krassesten Beispiele.”
Feminism in India schreibt hierzu:
“Im gesamten Epos wird “Naari Dharm” von allen weiblichen Figuren gelehrt, gepredigt, verherrlicht, bewertet und praktiziert. Naari Dharm bedeutet unendliche Loyalität und Knechtschaft gegenüber ihrem Ehemann, der in ihren Augen ein Inbegriff von Gott ist, die Einhaltung aller von den Patriarchen aufgestellten Regeln, Hingabe an die Hausarbeit, Aufopferung für das Allgemeinwohl usw. Frauen, die fügsam sind und das ihnen aufgrund ihres Geschlechts zugewiesene Dharm mit reiner Hingabe ausführen, werden wie Sita auf ein Podest gestellt, gefeiert und idealisiert. (…) The underlying concern with the display of Ramayana in contemporary times is its impact. The society is inherently patriarchal. The depiction of such submissive character in a time where women are challenging and smashing the shackles of patriarchy is not just regressive but it also defeats the purpose. Families and the patriarchs impose their problematic and unjust notions on a woman who they want to mirror Sita or preach the Naari dharm. A woman who already has to fight even for her breath is now put in a conflicting situation where her views are at odds with the family values. Ihr Elend wird verschlimmert. Ihr Kampf ist verzweifelt. Das Problem, mit dem wir konfrontiert werden, ist die Darstellung von Sita als der einzigen idealen Frau, die ein Idol aller Tugenden ist. Idealismus ist subjektiv, ihn zu objektivieren und mit ungleichen patriarchalischen Vorstellungen zu versehen ist ein Sieg für die Gesellschaft, in der die Frau wieder als Marionette behandelt wird. Was ideal ist, muss von der einzelnen Frau entschieden werden. Warum gibt es keine Definitionen für einen idealen Mann? Eine Frau darf nicht zornig sein, sie muss fügsam und anschmiegsam sein. Dies wird in der Gesellschaft als normal gepredigt und macht jede Frau, die von der Norm abweicht, der Gegenreaktion würdig. Das ist ungerecht.”
Star Wars & Ramayana
Im Buch “The Jedi in the Lotus” wird die Handlung der ursprünglichen Star-Wars-Trilogie mit der Handlung des Ramayana verglichen, offenbar hat George Lucas einiges beim alten Epos abgeschrieben. Ich war übrigens mal in Sri Lanka am See “Yoda” unweit von einem “Dagoba”. George Lucas hat all diese Ähnlichkeiten nicht geleugnet, aber war immer sehr zurückhaltend, was seine Einflüsse angeht, und rätselhaft sagte: “Ich erzähle einen alten Mythos auf eine neue Art”.”
“In Star Wars wird Prinzessin Leia gegen ihren Willen von einem bösen Kriegsherrn, Darth Vader, entführt und festgehalten. Ihr verzweifelter Hilferuf wird von einem mysteriösen nicht-menschlichen Wesen – dem Androiden R2-D2 – an den jugendlichen Helden Luke Skywalker übermittelt. Der Held kommt daraufhin zur Rettung der Prinzessin, unterstützt von Chewbacca, einer hingebungsvollen und edlen Kreatur, die halb Mensch und halb Tier ist. Am Ende der ursprünglichen “Star Wars”-Trilogie führt Luke mit Hilfe des mystischen Jedi-Ritters Obi-Wan Kenobi und unter Führung von Legionen anthropomorpher Bärensoldaten einen großen Krieg. Darth Vader und sein böses Imperium werden besiegt, die Prinzessin wird in Sicherheit gebracht, und Frieden und Rechtschaffenheit kehren zurück. Zum Vergleich: Im Ramayana wird Prinzessin Sita ebenfalls von dem Dämon Ravana entführt und gegen ihren Willen festgehalten. Ihr Hilferuf wird von einem geheimnisvollen nicht-menschlichen Wesen – dem sprechenden Geier Jatayu – an den jugendlichen Helden Lord Rama übermittelt. Rama kommt daraufhin seiner Frau zu Hilfe, unterstützt von einer hingebungsvollen und edlen Kreatur, die halb Mensch und halb Tier ist, dem Affengott Hanuman. Rama führt auch einen Krieg, um Sita zurückzubekommen, und führt eine Armee von Vanaras (Bären und Affen, die anthropomorphe Eigenschaften haben) an, und rettet sie schließlich vor Ravana. Die Mächte der Unterwelt sind besiegt, und Rama-raja (das Reich der Wahrheit und der Rechtschaffenheit) regiert an der Spitze.”