Die Bhagavad Gita besteht aus etwa 700 Versen die das spirituelle Wissen des alten Indiens in poetischen Versen enthalten. Die Bhagavad Gita ist ein reicher Schatz an Inspirationen für das Leben eines jeden spirituell Suchenden.
Es werden vor allem die Grundlagen des Bhakti Yoga, Jnana Yoga und Karma Yoga vermittelt und darüber Hinaus sind viele wunderbare und tiefgründige Denkanstösse in diesem Werk enthalten, es gilt als wichtigster text des Hinduismus. Um mein eigene Gitastudium zu vertiefen habe ich die (aus meiner bescheidenen Sichtweise) bedeutsamsten Verse zu verschiedenen Themen herausgesucht. Karma Yoga ist vielleicht die wichtigste Disziplin im Yoga, und es geht hierbei “nur” um eine Geistige Einstellung, ganz unabhängig davon was wir gerade tun. Karma Yoga ist das ideale Bindeglied um das Yoga in den Alltag zu bringen, nur ist es entscheidend die Logik so zu vestehen, dass man es auch umsetzt.
Mir liegt es fern Inhalte dieses perfekten und heiligen Werkes zu verdrehen, ich hoffe dem Leser in meinen Ausführungen den wahren Geist der Gita zu offenbaren. Hier nun also meine Essenz der Gita zur Idee und Methodik des Karma Yoga, möge es dir zur Freiheit verhelfen!
Top 7 Verse der Bhagavad Gita zu Karma Yoga:
II.47 “Dein einziges Recht ist es zu wirken, und kein Anspruch hast du auf die Früchte deines Tuns. Lass weder die Früchte deiner Handlung dir Motiv zur Handlung sein, noch wende dich zum Müßiggang.”
XVIII.11 “Wahrlich, für ein verkörpertes Wesen ist es nicht möglich, vollständig auf Handlung zu verzichten; wer jedoch auf den Ertrag der Handlungen verzichtet, wird tatsächlich ein Mensch der Entsagung genannt.”
III.13 “Die Rechtschaffenen, die die Reste der Opfergaben verzehren, werden von allen Sünden befreit; die Sündigen aber, die Speisen (nur) für sich selbst zubereiten, nehmen wahrlich Sünde zu sich.”
III.11 “Damit speise du die Götter, und die Götter mögen dich speisen; indem ihr euch also so gegenseitig speist, wirst du das höchste Gut erlangen.”
III.09 “Die Welt wird gebunden durch Handlungen, die nicht als Opfer getan werden; daher handle Du, einzig aus diesem Beweggrund, frei von Verhaftung.”
VI.03 “Für den Weisen, der Yoga zu erreichen wünscht, gilt Handeln als der Weg; für denselben Weisen, der Yoga erreicht hat, gilt Nichthandeln als der Weg.”
IX.27 “Alles was du tust, alles was du isst, alles was du opferst, alles was du gibst, jede Askese, Oh Arjuna, bringe es Mir zum Opfer.”
Kommentare zu den Top Karma Yoga Versen der Bhagavad Gita:
Dann werde ich nun diese sieben Verse im einzelnen Kommentieren, um dadurch ein tieferes Verstehen der idee des Karma Yoga zu ermöglichen. Ich denke, daß losgelöst von allem spirituellen Denken die Logik der Karma Yoga Philosophie jedem helfen kann glücklich und frei zu werden. Es geht hierbei letztlich um ein durchbrechen der Kausalkette von Ursache und Wirkung, also zu erkennen, dass “das Wesentliche” unberührt davon ist.
II.47 “Dein einziges Recht ist es zu wirken, und kein Anspruch hast du auf die Früchte deines Tuns. Lass weder die Früchte deiner Handlung dir Motiv zur Handlung sein, noch wende dich zum Müßiggang.”
Es ist wichtig den Tatsachen ins Auge zu blicken und aus den Erkenntnissen seine Konsequenzen zu ziehen. Bei der Betrachtung der Wirklichkeit ist offensichtlich, dass unser Handeln niemals zum gewünschten Ziel führt, ausser vielleicht in manchen seltenen Zufällen. Oder anders gesagt, wir können zwar vieles tun, aber wir haben die Frucht unseres Handelns nicht in der Hand. Unzählige Einflüsse bzw. kausale Ursachen liegen zwischen unserem Handlungsimpuls und dem Resultat, wir können zwar unser Bestes geben, jedoch sind es unzählbare unwägbarkeiten die unser gewünschtes Ergebnis verhindern. Wenn es in unserer Macht wäre die “Frucht des Handelns”, also das Ergebnis unseres Tuns, zu bestimmen, so wären längst all unsere Wünsche erfüllt. Wenn wir diese einfache tatsache anerkennen, sollten wir daraus schlussfolgern, dass wir nicht mehr tun können als unser bestes, und dann loslassen müssen. Wir geben sozusagen einen Handlungsimpuls in das “große Ganze” und bekommen irgendwann dafür etwas als Erfahrung (Frucht des Handelns) zurück, was jedoch aus einem nicht nachvollziehbaren Kausalfeld stammt. Und so ist der erste Karma Yoga Gedanke, dass wir nur Handeln können, aber eben keinen Anspruch auf das Ergebnis haben. Niemals. krishna benutzt das Bild einer Frucht. Unser Handeln ist wie ein Same den wir säen. Der Wachstum der Pflanze ist von vielen Faktoren abhängig, die wir nicht alle beeinflussen können. Vielleicht bekommen wir am Ende eine Frucht, aber wer weiß was bis dahin passiert. Und so sollten die Früchte nicht das Motiv unseres Handelns sein, sondern wir tun einfach unser Bestes zum wohle aller beteiligten. Wir dienen dem Augenblick weil die Zukunft sowieso ungewiss ist, ohne dabei tatenlos zu sein.
XVIII.11 “Wahrlich, für ein verkörpertes Wesen ist es nicht möglich, vollständig auf Handlung zu verzichten; wer jedoch auf den Ertrag der Handlungen verzichtet, wird tatsächlich ein Mensch der Entsagung genannt.”
Wir haben einen Körper und dieser ist von den Kräften und Gesetzen der physischen Welt bestimmt. Es ist nicht möglich, sich mit einem Körper den Eigenschaften der Natur zu entziehen, wir werden immer gezwungen sein mit den Kräften zu fliessen und eben zu Handeln. Mit jedem Handeln in dieser Welt setzen wir neue kleine oder große Kausalketten in Bewegung, bzw. wir geben einen Handlungsimpuls nach aussen in der große Feld von Ursache und Wirkung. Wir wissen niemals welche noch so unbedeutend scheinende Handlung vielleicht großes nach sich ziehen wird und umgekehrt. Auch wenn wir ins Kloster gehen oder nur regunglos dasitzen, wir sind Teil des großen Ganzen und Handeln, so oder so. Jedoch geht es im Karma Yoga darum, im Moment das zu tun was anliegt bzw. was unvermeidlich ist, einfach weil es jetzt Teil der Situation ist und wir da sind, und dann eben auf weiteres zu verzichten. Dieses innere verzichten auf den Ertrag ist, was dann Entsagung genannt wird. Also unabhängig davon was wir tun, geht es darum zu akzeptieren was wir als Erfahrung (Ertrag der Handlungen) machen bzw. von aussen bekommen. Entsagung ist also nicht der Verzicht auf Handeln, sondern das Verzichten auf die Frucht des Handelns. Normalerweise wollen wir mit dem gegenwärtigen Handeln etwas in der Zukunft erreichen, und um in dieser Welt zu funktionieren ist das auch erstmal gut so. Jedoch verlieren wir uns in unseren Wünschen und Erwartungen, die wir mit unserem Handeln verknüpfen, statt zu tun und dann den Rest “Gott” zu überlassen.
III.13 “Die Rechtschaffenen, die die Reste der Opfergaben verzehren, werden von allen Sünden befreit; die Sündigen aber, die Speisen (nur) für sich selbst zubereiten, nehmen wahrlich Sünde zu sich.”
Jemand der sich zufrieden gibt mit dem was er bekommt wird sich vom “falschen Denken” im Sinne des Karma Yoga befreien, er wird akzeptieren was auch immer für Erfahrungen auf ihn zu kommen. Das sind die beiden essentiellen Punkte die es zum rechten Verstehen des Karma Yoga braucht:
- Wir geben im Moment unser Bestes zum Wohle aller Beteiligten und wissen dabei, dass der Ertrag unseres Handelns von der Gnade Gottes bzw. dem undurchschaubaren Wirken des großen Ganzen abhängt.
- Wir akzeptieren in jedem Moment die Erfahrung die da ist als Prassad, also als das was Gott uns gibt.
Es geht beim Karma Yoga wie gesagt nicht darum, was wir tun, das spielt keine große Rolle solange es zum wohle aller Beteiligten ist. Entscheidend ist eben welche intention wir mit dem Handeln ind Universum geben und mit welchem Geist wir aufnehmen was wir vom Universum bekommen. Die “Reste der Opfergaben” ist einé Metapher die sich auf indische Rituale bezieht, man opfert den Göttern zB Süssspeisen (Prassad- geopfertes) und diese “nehmen sich davon was sie möchten”, was übrig bleibt (weltlich gesehen 100% des geopferten) ist dann zum Verzehr. Genau so geben wir all unser Handeln zu Gott bzw. als Impuls ins Universum und bekommen am Ende etwas als Prassad. Wenn man nun Handlungen ausführt um damit nur für sich selbst etwas zu bekommen, ohne eben Gott “dazwischen” zu setzen, bindet man sich noch mehr an die Welt. Karma Yoga bedeutet also zwischen Ursache und Wirkung noch Gott einzubinden.
III.11 “Damit speise du die Götter, und die Götter mögen dich speisen; indem ihr euch also so gegenseitig speist, wirst du das höchste Gut erlangen.”
Wenn wir also quasi unser Handeln Gott (oder dem großen Ganzen, der Allgemeinheit…) opfern, bzw. benutze ich hier lieber das Wort schenken, und wir all unsere Erfahrungen oder Erträge als Geschenk von Gott betrachten, können wir uns nach und nach von Ichhaftem Denken befreien. Wir Speisen Gott, er speist uns; Wir schenken Gott unser Tun, wir bekommen von Gott alles. Es wird zu einer Win-Win-Situation, je weniger wir erwarten, desto mehr werden wir uns freuen über all die Dinge die wir so bekommen. Je mehr wir bewusst und gegenwärtig sind bei dem was jetzt stattfindet, desto reiner und klarer wird unser Handlungsimpuls gesetzt und ohne intention losgelassen. Wir handeln immer mehr als Dienst, Opfer oder Geschenk an die Welt, Gott oder die Anderen.
III.9 “Die Welt wird gebunden durch Handlungen, die nicht als Opfer getan werden; daher handle Du, einzig aus diesem Beweggrund, frei von Verhaftung.”
Ziel aller Yogapraktiken ist Moksha- die Freiheit von der bedingten Welt. Und so soll uns auch ins besondere das Karma Yoga von den Fesseln dieser Welt frei machen, und uns erkennen lassen wer wir jenseits der Erfahrungen und Konzepte tatsächlich sind. Karma Yoga ist eine Einstellung die wir bei jedem Handeln kultivieren, die es uns ermöglicht durch die Handlungsimpulse kein neues Karma (=Kausalkette) mehr aufzubauen. Normaler Weise haben wir eine Intention hinter jeder Handlung, wir tuen etwas mehr oder weniger, direkt oder indirekt, wissentlich oder unbewusst, für uns selbst. Im Geiste des Karma Yoga lösen wir die kAusale Kette auf, indem wir einfach tun was anliegt und annehmen was Geschieht. Tatsächlich reinigen wir auf diese Weise Herz und Geist und schaffen kein neues Karma mehr. Drehen wir den Vers um heißt es: “Handlungen als Opfer machen frei” – und das ist die Idee des Karma Yoga.
VI.3 “Für den Weisen, der Yoga zu erreichen wünscht, gilt Handeln als der Weg; für denselben Weisen, der Yoga erreicht hat, gilt Nichthandeln als der Weg.”
Solange wir das Ziel des Yoga noch nicht erreicht haben und wir auf dem Weg zu uns selbst bzw. zu Gott sind, gilt es zu Handeln und stets zu tun was gerade anliegt, wobei dieses im rechten Geist des Karma Yoga geschehen. Haben wir das Ziel des Yoga erreicht, haben wir erkannt (nicht bloß “verstanden”), dass nicht wir selbst handeln, sondern die Wirkkräfte der Natur in uns und durch uns handeln. Oder anders betrachtet bedeutet dieser Vers auch, das rechtes Handeln uns hilft zu einem stillen und erkennenden Geist zu kommen, sobald wir diesen haben, können wir still sitzen ohne jedem Handlungsimpuls zu folgen. Die Meister sagen, dass und das Karma Yoga auf die Meditation vorbereitet, erst wenn wir diese Philosophie umsetzen, bekommen wir die nötige Klarheit für die tiefe Meditation.
IX.27 “Alles was du tust, alles was du isst, alles was du opferst, alles was du gibst, jede Askese, Oh Mensch, bringe es Mir zum Opfer.”
Wie gesagt spielt es keine Rolle was wir tun, sondern wie wir es tun. Ob wir jetzt im Ashram Geschirr spülen und Ehrenamtlich Kranken helfen, oder einfach Autofahren und wasweißich, den Geist des Karma Yoga können wir bei allem verinnerlichen. Hilfreich ist dabei der Gedanke an Gott oder eine höhere Macht, für Atheisten kann es auch die Idee eine mysteriösen Kraft oder die Vorstellung einer großen Kausalmaschine. Wir können dem “großen Ganzen” alles was wir tun geben, schenken, opfern, weihen und kredenzen, denn dadurch lassen wir los und überlassen das was wir zurück bekommen dem selbigen. Das leben bekommt mehr und mehr Sinn und wird immer wundervoller, da plötzlich alles eine Überraschung für uns ist, eben Prassad.