“Die wissenden der absoluten Wahrheit benennen die Nondualität als Brahman, Paramatman oder Bhagavan” Shrimad Bhagavatam 1.2.11.
Brahman ist das zentrale Thema nahezu aller Upanishaden und die Erkenntnis der Einheit allen Seins ist Ziel der Lehre des Advaita Vedanta und letztendlich aller Befreiungswege.
Das Eine ohne ein zweites
In diesem Artikel möchte ich Zitate aus den heiligen Texten vorstellen die beschreiben was Brahman ist, ein schwieriges Unterfangen, da es mehr ist als bloße Worte die versuchen darauf hinzudeuten.
Das Wort
Das Wort ist in der Bedeutung und auch Etymologisch eng verwandt mit anderen Begriffen:
- Brahma – ist der Name des antropomorphen Schöpfergottes der in diesem Artikel ausführlich behandelt wird, letztlich eine personifizierung des einen absoluten Brahman.
- Brahmane, Brahmin – werden die Menschen aus der oberen Kaste der Priester genannt.
Alle drei Wörter stammen von der Wortsilbe “Bhr” ab, was so viel bedeutet wie “ausdehnen, expandieren, wachsen, schwellen”. Übrigens ist “Brahma” auch eine Bier- und eine Hühnersorte und “Brahman” eine Rinderart!
Den Begriff zu verstehen ist schwierig, es zu Erkennen noch komplizierter, die Gewissheit darüber zu erlangen ist Moksha, die Freiheit. Das Geheimnis der Upanishaden ist die Kongruenz vom Absoluten und dem wahren Selbst, der Unterschied dieser beiden Begriffe ist lediglich der Bezugsrahmen: Brahman bezieht sich auf das Ganze und Atman auf den Einzelnen.
Swami Sivananda formuliert es sehr schön:
“Brahman fehlt es an jedweder Dualität. Er ist ohne Außen- und Innenbereich. Er ist die eine, einheitliche, unteilbare, unsterbliche Essenz.” Swami Sivananda
Also das Absolute ist das Eine ohne ein zweites, es ist die Einheit von allem was ist und es gibt nichts was es nicht ist, da es alles ist, ebenso ist das Selbst alles was ist.
Mahavakyas in den Upanishaden
Bereits den ältesten Upanishaden wird sehr zentral über den Begriff und seine Bedeutung gesprochen.
“Durch das Wissen des “großen Wortes”: aham brahma asmi “ich bin das Absolute”, wurde Es zum Weltall: und so jeder, der dasselbe weiß.” Brihadaranyaka Upanishade 1.4.9.
Mit diesem Vers wird das Mahavakya “अहं ब्रह्म अस्मि aham brahmāsmi” eingeführt, welches bedeutet: “ich bin das Absolute” und laut Shankaracharya zu den Kernaussagen “Mahavakyas” der Upanishaden gehört. In der selben Upanishade wird noch ein weiteres Mahavakya formuliert: “अयम् आत्मा ब्रह्म ayam ātmā brahma” im Vers 4.4.5. und es hat eine ganz ähnliche Bedeutung: “Dieses Selbst ist das Absolute”. Auch in der Chandogya Upanishade werden knappe Aussagen zur Wesensidentität des Absoluten gemacht, so z.B. “सर्वं खल्विदं ब्रह्म sarvam khalvidam brahma” im Vers 3.14.1. “all dies ist wahrlich das Absolute”, diese beiden Upanishaden werden auf etwa 800 v.Chr. datiert, jedoch gibt es noch ältere Quellen in den 4 Veden. Auch die Aitareya Upanishade (3.3.7.) enthält eines der Mahavakyas welches sich direkt auf den Begriff bezieht: “प्रज्ञानं ब्रह्म prajnānam brahma” – “Bewusstsein ist das Absolute”.
Die weiteren Mahavakyas bezeiehen sich nur indirekt (also ohne das Wort zu nennen) auf Brahman, in meinem umfangreichen Artikel zu den Mahavakyas kannst du mehr darüber erfahren, hier geht es um weitere Quellen.
In den Upanishaden
Wie gesagt findet man in vielen Upanishaden Verse die uns (mehr oder weniger) genaue Infos darüber geben, was Brahman denn ist. Auf den Punkt bringt es die Mundaka Upanishade, und sie sagt uns auch was uns die Beschäftigung mit dem Erkenntnisweg bringen soll:
„Brahman, die universale Essenz, ist das Allem innewohnende Selbst. Es ist wahrlich die Wirklichkeit von Leben und Erleuchtung. Wenn der Mensch es erkennt, wird er erleuchtet. Es gibt keinen Weiseren als den, der die innere Göttlichkeit erkannt hat. Er verrichtet alle täglichen Arbeiten als Ausdruck seines göttlichen Selbst und seine Freude ist von Universeller Liebe durchdrungen. Er ist ein echter Kriyavan, der Weiseste unter den weisen Menschen.“ Mundaka Upanishad 3.1.4.
Oder auch diese Beschreibung unmittelbar hinter oben genannter Mahavakya in der Chandogya Upanishad:
“Dieser ist mein Atman im inneren Herzen, kleiner als Reiskorn oder Gerstenkorn oder Hirsekorn oder eines Hirsekornes Kern. Dieser ist mein Atman im inneren Herzen größer als die Erde, größer als der Himmel, größer als die Welten. […] Der Allwirkende, Allwünschende, Allriechende, Allschmeckende, dies All in sich Fassende, Wortlose, Achtlose, dieser ist meine Seele im inneren Herzen, dieser ist das Brahman, zu dem werde ich, von hier abscheidend eingehen. Wem solches ward, fürwahr, für den gibt es keinen Zweifel.“ Chandogya-Upanishad, 3.14
Wobei dieser Vers im 2. Teil eine gewisse Dualität impliziert, in den älteren Upanishaden ist eben manches noch nicht so klar definiert. Im folgenden Vers wird sicher deutlicher wie es dazu kommt:
“Fürwahr, es gibt zwei Formen des Brahman, nämlich das Gestaltete und das Ungestaltete, das Sterbliche und das Unsterbliche, das Stehende und das Gehende, das Seiende und das Jenseitige.” Brihadaranyaka Upanishad 2.3.1.
zwei Arten von Brahman
Man unterscheidet zwischen:
- Saguna B. – mit Eigenschaften, wenn das absolute aus menschlicher Sicht mit Namen, Formen und Eigenschaften vershen wird, dies umfasst dann auch konkrete Formen wie Shiva und Vishnu.
- Nirguna B. – das absolut reine, allumfassende und unbeschreibliche, jenseits alles Namen, Formen und Eigenschaften.
Aber das ist auch bloß eine von Menschen gemachte Einteilung. Beruhigend bezüglich unseres Studiums ist folgender Vers:
Zwei Brahman’s muß der Mensch kennen, das Wortbrahman und das zuhöchst; wer bewandert im Wortbrahman, erreicht das höchste auch.” Mahabharata, Kapitel 12
Bedeutung
Eines der bekanntesten diesbezüglichen Konzepte stammt aus der Taitiriya Upanishad:
“Satyam, Jnanam, Anantam Brahma – Wahrheit, Wissen und das Unendliche ist Brahman” Taitiriya Upanishad, 2.1
Das Absolute ist also:
- Satyam– Wahrheit, da es eins und alles ist, ohne Zweifel
- Jnanam – Wissen, es ist die Kenntnis des Absoluten
- Anantam – es ist ohne Anfang und Ende, da es Alles ist
In den Versen 1.5-8 der Kena Upanishade wird beschrieben, dass wir das es nicht wie irgendein anderes Objekt wahrnehmen können, da es sowohl das Wahrgenommene als auch den Wahrnehmenden umfasst:
5. Was durch das Denken undenkbar,
Wodurch das Denken wird gedacht,
Das sollst du wissen als Brahman,
Nicht jenes, was man dort verehrt.
6. Was durch das Auge unsehbar,
Wodurch man auch das Auge sieht,
Das sollst du wissen als Brahman,
Nicht jenes, was man dort verehrt.
7. Was durch die Ohren unhörbar,
Wodurch man auch das Ohr vernimmt,
Das sollst Du wissen als Brahman,
Nicht jenes, was man dort verehrt.
8. Was man durch Riechen nicht wahrnimmt,
Wodurch das Riechen wird gewirkt,
Das sollst Du wissen als Brahman,
Nicht jenes, was man dort verehrt.
weitere Zitate aus den heiligen Texten des Hinduismus
Wie gesagt ist das Ziel des Yoga aus Sicht des Jnana Yoga die Erkenntnis der Einheit. Die Svetashvatara Upanishade sagt, dass wir mit dem Wissen den Tod überwunden haben. Diese Übersetzung ist ziemlich altbacken:
“Er in der Zeitlichkeit ist der Welt Behüter, der Herr des Alls, versteckt in allen Wesen; In ihn vertieft sind Brahmanweise und Götter, wer ihn erkennt, zerreißt des Todes Stricke.” Svetashvatara Upanishade 4.15
Alles ist darin enthalten, auch die Unwissenheit der Maya, wenn wir sie überwinden erkennen wir, dass wir schon immer ewig waren:
“Zwei sind im ewig, endlos, höchsten Brahman, latent enthalten, Wissen und Nichtwissen; Vergänglich ist Nichtwissen, ewig Wissen, Doch der als Herr verhängt sie, ist der Andre.” Svetashvatara Upanishade 4.15
Diese Upanishade beginnt bereits mit der Frage nach diesem absoluten:
“Om! Die Brahmanlehrer sagen: Was ist Urgrund, was Brahman? Woher sind wir? Wodurch bestehn, und worin sind gegründet wir? Von wem regiert, bewegen wir, ihr Weisen, Uns in der Lust und Unlust Wechselständen?” Svetashvatara Upanishade 1.1.
Auch die Mundaka Upanishade spricht gleich im ersten Vers von der Wichtigkeit unseres Begriffs:
“Das Brahmanwissen, alles Wissens Grundstein.” Mundakaupanishad 1.1
Und die Mundaka Upanishade sagt mit wunderschönen Worten:
“Der Upanishad’s große Waffe ergreif’ als Bogen, den Pfeil leg’ auf, geschärft durch Meditation, den spanne durch auf Brahman’s Sein gelenkten Geist Und triff, o Teurer, als Ziel das Unvergängliche” Mundaka Upanishade 2.2.3.
In vielen Texten wird gesagt, das Om sei identisch mit diesem Absoluten, so z.B hier:
“…der Laut Om ist das höhere und das niedere Brahman.” Prashna Upanishade 5.2.
Man sagt es gibt nichts was man konkret tun kann um Brahman zu erkennen, da wir ja bereits das Absolute sind und nie davon getrennt waren. Jedoch gibt es mancherlei Praktiken die den Geist für die höchste Erkenntnis öffnen, so sagt die Maitri Upanishad:
“‘Das Brahman ist’, so spricht wer das Brahmanwissen hat, ‘dieses ist die Pforte des Brahman’, so bezeichnet sein Tun, wer durch die Askese vom Bösen sich befreit; ‘Om! Über die Größe des Brahman’, mit diesen Worten bringt sein Tun zum Ausdruck, wer wohlvorbereitet ohne Unterlaß die Meditation übt; darum wird durch Wissen, durch Askese und durch Meditation das Brahman erkannt.” Maitri Upanishad 4.4.
Wissen, Entsagung und Meditation, oder anders gesagt: das Studium des Vedanta, die Loslösung von Sinnes-Objekten und die Meditation sind die wesentlichen Praktiken. Adi Shankaracharya spricht in seinen Texten viel über das Absolute, so z.B. hier:
“Was auch immer ein Unwissender irrtümlicherweise wahrnimmt, ist nichts anderes als die Absolute Wirklichkeit. Was man als Silberglanz sieht, ist nichts anderes als ein Perlmutt. Brahman offenbart sich als dieses Universum. Was der Absoluten Wirklichkeit versehentlich zugeschrieben wird, sind nur Namen. Daher, was immer sich offenbart, ist es die Höchste Wirklichkeit, Brahman selber. In sich selbst existierend, nondual, rein, die Essenz vom absoluten Wissen, makellos, höchste Friede, ohne Anfang und Ende, jenseits aller Tätigkeit, dem Wesen nach die Essenz ununterbrochener Glückseligkeit.Das höchste Brahman ist ewig, überwindet alle Unterscheidungen, die durch Maya gebildet werden, es ist die Essenz ewiger Freude, unteilbar, formlos, unmessbar, nichtmanifest, namenlos, unvergänglich und aus sich selbst strahlend.” Viveka Chudamani, Vers 236-238
Hier noch ein längeres Zitat aus einer der großen Puranas, der Vishnupurana:
“Verehrung dem Brahman, das keine Grenzen in Zeit und Raum kennt, das frei von Vergänglichkeit und Veränderung ist, das (mithilfe der natürlichen Qualität der Trägheit bzw. Dunkelheit) die weltliche Illusion hervorbringt, aber auch den Weg der Seele zur Befreiung mithilfe der natürlichen Qualitäten des Lichtes und der Tätigkeit (Güte und Leidenschaft). Verehrung dem Absoluten, das die Zuflucht der Sankhya Gelehrten und der Yoga Praktizierenden ist, die Selbstkontrolle über das Denken und die Leidenschaften erreicht haben. Verehrung dem Brahman, das unsichtbar, unvergänglich, formlos, unwandelbar und selbstseiend ist, der Urgrund allen Seins, der sich in der Vielfalt aller Formen manifestiert und das Innerste aller Wesen erleuchtet, das unteilbar Eine, das Selbststrahlende, Unzerstörbare und Allseiende. Ewige Verehrung diesem höchsten Brahman, dieser Gottheit, dem Höchsten Geist, dem Einen, das dreifach erscheint, dem höchsten Herrn, der allein in allen Geschöpfen wohnt, aber als Vielfalt durch die unterschiedlichen Ansichten der Wesen wahrgenommen wird. Er, der durch die Veden erkannt werden kann, ist sogleich ihre Essenz, wie er auch die Seele aller verkörperten Wesen ist.” Vishnu Purana 3.3
Und wozu das ganze? Hier die Auflösung:
“Wahrlich, wer jenes höchste Brahman kennt, der wird zu ihm.” Mundaka Upanishad 3.1.9.