Die Mahavakyas sind die grundlegenden “grossartigen Aussprüche” der Veden und des Advaita Vedanta. Sie sind intellektuell kaum zu erfassen, daher meditiert man über diese Aussagen. Die konkrete Praxis des Advaita Vedanta beinhaltet 4 Stufen:
- Hören
- Nachdenken
- Meditieren
- Verwirklichen
Und so ist es wichtig sich nicht bloß intellektuell mit der Philosophie zu befassen, sondern darüber zu reflektieren wie die Aussagen im Bezug zu mir selbst stehen, in der Meditation diese Thesen sacken zu lassen um dann zu erkennen. Bevor du diese Meditation übst, solltest du die Mahavakyas kennen und wissen worum es im Vedanta geht. Dazu kannst du dir hier einen weiteren Artikel zu den Mahavakyas anhören.
Hier eine mögliche Meditation über die Mahavakyas:
Mahavakyas für die Meditation
Die Mahavakyas sind die vier großen Aussprüche der alten Veden. Es gab etwa im 8. Jahrhundert den großen Reformator der indischen Spiritualität Adi Shankaracharya oder auch kurz einfach Shankara genannt. Das war ein großer Meister, ein großer Heiliger, der sehr viele Schriften verfasst hat, sehr viele Lieder komponiert hat. Shankara war nicht nur allgemein ein Reformator der indischen Spiritualität, sondern er hat auch die Vedanta Philosophie noch einmal ganz klar formuliert und zusammengefasst. Vedanta heißt ja, wenn man es übersetzt, das Ende der Veden oder wenn man es anders übersetzt, die Vollendung des Wissens. Die Vedanta Philosophie ist letztlich der Abschluss des vedischen Schriftenkomplexes. Diese Philosophie steckt vor allem in den Upanishaden. Das ist ein bestimmter Teil der Veden, und diese Upanishaden beinhalten die Grundaussagen der Vedanta Philosophie, die letztlich die Sicht der Welt von einem absoluten Standpunkt zu beschreiben versucht. Also wir mit unserem beschränkten Bewusstsein, welches begrenzt ist und welches nur auf die relative Ebene, aus den vier Dimensionen besteht. Unser Bewusstsein ist auf unsere fünf Sinne bezogen und auf die direkte Wahrnehmung der materiellen Welt. Die Vedanta Philosophie versucht zu beschreiben, wie man die Welt aus einer höheren Sicht betrachtet. Also jemand, der zu einer tieferen Einsicht, zur Erleuchtung oder zu einer erwachten Sicht der Realität kommt, beschreibt die Wirklichkeit auf eine andere Weise. Er sagt, das, was wir mit unserem beschränkten Bewusstsein sehen, ist eine Täuschung. Es ist nur ein kleiner Teil der Wirklichkeit, aber tatsächlich geht es darum, wenn man tiefer hineinblickt in sich selbst und in das Universum, zu erkennen, dass all dem ein Prinzip zugrunde liegt, und dieses wird versucht zusammenzufassen in den vier Mahavakyas.
Diese vier Mahavakyas – Maha Vakya = großartige Aussprüche – sind letztlich Zusammenfassungen der ganzen Veden. Shankaracharya hat versucht, diese komplexen Texte der Upanishaden einfach in vier prägnante Sätze zusammenzufassen. Es erleichtert das Studium dieser Schriften, wenn man diese vier Sätze bereits kennt. Wenn man als Grundlage bereits die Kenntnis über diese vier großartigen Aussprüche hat, kann man die verklausulierten und sehr symbolischen Bilder und Texte besser verstehen. Und diese möchten wir jetzt einmal kurz durchgehen und nachher auch über diese vier Aussprüche meditieren. Denn diese vier Aussprüche sind nicht nur einfach philosophische Sätze, sondern sie eignen sich sehr dafür, sie in tiefer Meditation zu verinnerlichen, darüber zu meditieren und zu einer tieferen Sich der Dinge zu kommen.
Das erste der vier Mahavakyas: Tat Tvam Asi. Das ist sicherlich das bekannteste der vier Mahavakyas. Die Übersetzung von Tat Tvam Asi ist in etwa: ‘Das bist du’. Man kann sagen, das ist im Grunde eine Formel, die der Guru seinem Schüler sagt, wenn der Schüler in der Meditation eine tiefere Sicht hat. Dann sagt der Lehrer zum Schüler: Tat Tvam Asi. Die Erfahrung, die der Schüler in der tiefen Meditation macht, ist er selbst. Übersetzt man diese drei Worte Tat Tvam Asi, dann ist Tat ‘das’, man kann auch sagen, dieses ‘Das’ steht für Brahman, das alldurchdringende kosmische Bewusstsein oder das Göttliche jenseits von Eigenschaften. Tvam steht für das Individuum und Asi steht für die Vereinigung. Es geht letztlich darum zu sagen, dass die Erfahrung, die du machst, identisch ist mit dem, was du bist. Also: Ich bin, was ich wahrnehme. Das versucht der Lehrer dem Schüler zu vermitteln.
Analog zu diesen vier Mahavakyas gibt es die vier Schritte, um Jnana Yoga oder Vedanta Philosophie zu verinnerlichen. Die vier Schritte, um diese tiefen Philosophien zu verinnerlichen, sind Shravana, das Hören, Manana, das Nachdenken darüber, Nididhyasana, das Meditieren darüber und Samadhi, das Verwirklichen. Und so entspricht das erste der Mahavakyas, Tat Tvam Asi, dem Hören. Also dass wir uns zunächst einmal eine Weisheit oder eine philosophische Ansicht anhören: Tat Tvam Asi, ‘Das bist du’.
Das zweite ist Ayam Atma Brahma. Dieses Selbst ist das Absolute’ oder ‘Dieses Selbst ist Brahman’. Oder man kann auch sagen, darin steckt eigentlich, dass Atman und Brahman identisch sind. Das Selbst und das Göttliche sind ein und dasselbe. Das ist ja die kühne Aussage der Vedanta Philosophie, dass, wenn wir das Göttliche im Außen suchen, das Selbst genauso gut im Inneren suchen können, denn es ist identisch. Nur Atman beschreibt dieses Phänomen bezogen auf das Individuum und Brahman beschreibt das Phänomen bezogen auf das Universum, das große Ganze. Also, das Selbst und das Göttliche sind identisch. Atman ist gleich Brahman. Und so geht das in diesem Satz darum zu sagen: Ich bin das Wahrnehmende. Also das, was ich bin, ist die Instanz, die wahrnimmt in meinem Inneren. Und dieses Selbst ist identisch mit dem Göttlichen. Das entspricht wiederum der zweiten Phase der vier Ebenen der tiefen Erkenntnis der Vedanta Philosophie, nämlich Manana, dem Nachdenken über etwas. Das erste war, wir hören etwas, ‘Das bist du’, denn der Lehrer sagt, du bist das Unendliche. Das zweite ist, wir denken darüber nach, dass das Selbst identisch ist mit Gott oder Atman identisch ist mit Brahman.
Das nächste ist Aham Brahmasmi: ‘Ich bin Brahman’. Das heißt – weniger abstrakt -, nicht Atman ist gleich Brahman, sondern wir sagen direkt, das, was ich bin, ist Brahman. Also das, was ich bin, ist das alldurchdringende kosmische Bewusstsein. Das ist das Göttliche ohne Form. Ich bin der, der wahrnimmt und das, was wahrgenommen wird. Wir haben vorher in der Meditation immer geübt, dass wir uns loslösen und zur Instanz des Beobachters kommen und uns loslösen von den Gedanken, loslösen von der Wahrnehmung. Ich bin nicht der Körper, ich bin nicht das Gefühl usw. Und jetzt heißt es nicht mehr, dass wir uns davon lösen sollen, sondern dass beides identisch ist. Das wäre also der nächste Schritt auf dem Weg zur Selbstverwirklichung. Zuerst trennt man sich von all dem, was nicht das Selbst ist, um dann irgendwann mit allem zu verschmelzen, was man wahrnehmen kann. Aham Brahmasmi: ‘Ich bin Brahman’. Ich bin das alldurchdringende kosmische Bewusstsein. Und das entspricht wiederum der Phase von Nididhyasana, dem Meditieren. Dass man das, was man gehört hat, worüber man nachgedacht hat, verwirklicht oder versucht zu erfahren. In tiefer Meditation zu sehen, ich bin tatsächlich das, was man als Brahman bezeichnet. Ich bin der Wahrnehmende und das Wahrgenommene zugleich. Ich bin Brahman.
Und schließlich Prajnanam Brahma: ‘Das Bewusstsein ist absolut’. Das Bewusstsein an sich oder das bewusste Sein ist Brahman. Das bewusste Sein ist das absolute oder das alldurchdringende kosmische Bewusstsein. Und das ist letztlich gleichzusetzen mit der Phase von Samadhi, mit der Verwirklichung des Selbst. Dann erfahren wir, nicht unser Bewusstsein, nicht mehr das Ich, nicht mehr das Selbst, nicht mehr das, was wir wahrnehmen, sondern das Bewusstsein an sich ist Brahman. Das Bewusstsein, das bewusste Sein ist das absolute, das kosmische alldurchdringende Bewusstsein. Prajnanam Brahma. Ich bin also weder das, was wahrgenommen wird noch der Wahrnehmende, sondern ich bin das Bewusstsein an sich. Und das Bewusstsein an sich ist identisch mit Brahman. Und so ist das wiederum eine Aussage, die uns sagt, letztlich gibt es auf dieser Ebene kein individuelles Bewusstsein mehr. Prajnanam Brahman, wir sind das Bewusstsein an sich, und das Bewusstsein an sich ist identisch mit dem kosmischen Bewusstsein, dem Absoluten.
Ihr seht diese vier Aussagen, ganz kurze knappe Sätze, haben es in sich, darüber kann man ein Leben lang nachdenken, bis man es verstanden hat.
Ich will sie noch mal wiederholen:
- Tat Tvam Asi: ‘Das bis du’.
- Ayam Atma Brahma: ‘Dieses Selbst ist das Absolute’.
- Aham Brahmasmi: ‘Ich bin Brahman’.
- Prajnanam Brahma: ‘Das Bewusstsein ist das Absolute’.
Das sind die klassischen vier Mahavakyas, die jeweils den vier Veden zugeordnet werden, die direkt von Shankaracharya stammen und als Grundlage für das Verständnis der alten Veden und der Upanishaden gelten. Aber es gibt noch weitere ähnliche Aussagen, z.B. einen Satz, der oft als das fünfte Mahavakya beschrieben wird. Das ist Satchidananda Svarupoham: ‘Meine wahre Natur ist Sein, Bewusstsein und Glückseligkeit’. Das ist aus meiner Sicht die Kernaussage oder das Wichtigste überhaupt in der Vedanta Philosophie. Wenn man der Frage nachgeht, wer bin ich, wenn man ergründen möchte, was eigentlich das Selbst ist, wenn man nach der Selbsterkenntnis sucht, dann heißt es immer, das kann man eigentlich nicht umschreiben. Was das Selbst ist, dieses Atman oder die Essenz unserer Selbst, kann man eigentlich nicht beschreiben, aber diese drei Worte geben uns einen klaren Anhaltspunkt darüber, was das Selbst ist. Satchidananda Svarupoham: ‘Meine wahre Natur ist Sein, Bewusstsein und Glückseligkeit’. Oder anders gesagt, das, was ich bin, ist die Existenz, also das Existieren an sich, es ist das Wissen darüber und die damit verbundene Liebe. Also Sein, Bewusstsein und Glückseligkeit. Das heißt, ich bin dessen bewusst, und damit verbunden absolut glückselig. Ich denke, dass es wichtig ist, oft über diesen Satz, das als das fünfte der Mahavakyas bezeichnet wird, nachzudenken und sich immer wieder daran erinnern, in schwierigen Situationen oder in schönen Situationen: ‘Meine wahre Natur ist Sein, Bewusstsein und Glückseligkeit’.