Hier schreibt Patanjali in seinem Yoga Sutra über die Wichtigkeit des heiligen Urklang Om, der uns mit dem Ursprung unserer Seele verbinden kann.
Der Urklang Om ist ein Symbol für Gott und ein Werkzeug welches uns zu einer unmittelbaren Erfahrung des Göttlichen führen kann, man sagt es ist eine direkte Manifestation Gottes. Nicht nur im Raja Yoga nach Patanjali spielt das Om eine große Rolle, allgemein im Hinduismus gilt der Urlaut als wichtigstes aller Mantras.
Yoga Sutra, Vers 1.27, der Urklang Om
1.27. तस्य वाचकः प्रणवः
tasya vācakaḥ praṇavaḥ
tasya = Sein, Dessen
vâchakah = Bezeichner, Anzeiger, Wortsymbol
pranavah = OM, der Urlaut, wörtl. das Prächtig neue/frische.
“Er manifestiert sich in dem Laut Om.”
oder
“Pranava ist ein Symbol für Ishvara.”
Es gibt höchst unterschiedliche Ideen darüber, wie das Universum entstanden ist. In der Indischen Philosophie ist es zumeist folgende Theorie:
Am Anfang gab es nur das reine, absolute, unbewegte, unmanifeste Bewusstsein, jenseits von Raum und Zeit. Dies können wir auch als “das Göttliche” Bezeichnen. Dann gab es dort heraus den Urklang, die Urschwingung, den “Spandana”, eine erste Vibration aus dem reinen Bewusstsein heraus. Dieses war der Klang an sich, der wie der laut “Om” ist. Aus diesem Klang heraus hat sich dann nach und nach alles verdichtet und das Universum oder die Welt der Erscheinungen ist entstanden.
Der Urklang Om ist also die erste Manifestierung aus dem Absoluten heraus. So wie es auch im Evangelium des Johannes heißt: “Am Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott.” Auch die Physik sagt inzwischen, dass für das Universum vielmehr die Schwingung als die Materie entscheidend ist. “Nada Brahma” heißt es im Yoga: Die Welt ist Klang. Und so können wir uns durch den Klang des Om mit unserer wahren Natur verbinden. Om ist die erste Manifestation von Brahman, und da es eine Form hat, steht es für Ishwara- Gott mit Eigenschaften.
1.28, Patanjali Yoga Sutra
1.28. तज्जपः तदर्थभावनम्
taj-japaḥ tad-artha-bhāvanam
Tat = des (Pranava)
japaḥ = ständige Wiederholung
artha = Bedeutung, Inhalt, Sinn
bhâvanam = mit Gefühl, Hingabe, Versenkung
“Wiederholung voller Demut und Bewusstwerdung der Bedeutung von OM führt zu Ishwara.”
oder
“Hingebungsvolle Wiederholung von OM Sinnhaftigkeit lässt Ishwara Erfahren.”
Das Om ist also ein Instrument durch das wir das Göttliche erfahren können. Bzw. Klangschwingungen können uns zu einer tiefen Erfahrung bringen. Je reiner sie sind, desto tiefer die Erfahrung. Das Patanjali Yoga Sutra gibt also hier eine knappe und einfache Meditationsanleitung. Er verspricht uns, dass sie zum Erfolg führt. Wir müssen nur immer wieder hingebungsvoll den Laut “Om” im Geiste wiederholen, und uns über dessen Bedeutung bewusst sein. Dann werden wir uns nach und nach in das Göttliche Versenken.
Drei Begriffe nennt er hier die dafür von Nöten sind:
- Ständige Wiederholung
- Bewusstsein über die Bedeutung
- Gefühl der Hingabe
Das Om wird auch Bezeichnet als “Sabda Brahman“, der “Klang Gottes” oder “der Urlaut.
Der Sound von Klangschalen ähnelt der Schwingung des Om Lautes sehr, ich kann nur jedem empfehlen mal eine Sitzung mit Klangschalen zu Besuchen. Es wird sicher zu einer tiefen Erfahrung von Verbundenheit und Liebe führen. Einfach weil der Klang den ganzen Energiekörper in Schwingung versetzt, so auch der Klang des Om. Im Alltag kann man sich immer wieder auf den Atem fokussieren und an den Pranava denken, den Klang des Om.
1.29, Patanjali Yoga Sutra
1.29. ततः प्रत्यक्चेतनाधिगमोऽप्यन्तरायाभवश्च
tataḥ pratyak-cetana-adhigamo-‘py-antarāya-abhavaś-ca
tatah = von ihr, daraus, aus dieser Praxis
pratyak = Nach innen wenden, der Innere
chetanâ = Bewußtsein, der Erkennende, das wahre Selbst
adhigamo = Erreichen, Offenbaren, sich Zeigen
api = auch
antarâyâ = Hindernisse, das Zwischenwirkende
abhâva = Abwesenheit, Verschwinden, Auflösen
ca = und
“Dadurch offenbart sich der Erkennende und Hindernisse lösen sich auf.”
oder
“Durch sie ergibt sich das Selbst und die Beseitigung aller Hindernisse.”
Wenn wir also den Laut “Om” wiederholen, so wie Patanjali es empfohlen hat, also mit Hingabe und Bewusstsein über den Sinn, werden wir uns hin zu Gott in unserem Inneren Entwickeln. Wir werden mehr und mehr mit der Erfahrung des Selbst verschmelzen und die Hindernisse lösen sich auf. Yoga behauptet: unser wahres Selbst ist identisch mit Gott. Das was wir in Wirklichkeit sind, ist jenseits von Raum und Zeit, ohne Form und Eigenschaften. Es kann nur erfahren werden, wenn wir uns innerlich ganz von der Welt der Erscheinungen lösen. Das Selbst ist nur zu beschreiben durch “Sat Chid Ananda”, also Sein, Bewusstsein und wunschlose Freude. Durch die beschriebene Technik, lösen wir uns von allen Hindernissen, und können zum Erleben des höchsten Zustandes vordringen. Es offenbart sich das Selbst, welches der Erkennende, das Bewusstsein an sich, die Existenz und die höchste Wonne ist. Je mehr wir uns auf das Om als Symbol für Gott ausrichten, je mehr wir uns dem ganz hingeben, desto leichter lösen sich die Hindernisse auf und wir verschmelzen mit der Erfahrung der Einheit. Wir wissen dann, dass wir kein getrenntes Individuum sind, sondern eins mit dem Wahrgenommenem.
Soweit meine Kommentare zu den Versen 27 – 28 des Patanjali Yoga Sutra.
In diesem Artikel findest du mehr über den Klang des Om.