Swami Sivananda war zweifellos einer der ganz großen Yogameister des letzten Jahrhunderts. Er hat ein integrales Konzept von Yoga vermittelt, welches die verschiedenen klassischen Wege des Yoga vereint hat. Im Westen versteht man unter Yoga meist nur den körperlichen Aspekt dieser umfassenden und ganzheitlichen Lehre. Dabei ist tatsächlich die körperliche Ebene des Yoga im klassischen System nur Nebensache und dient der Unterstützung der wesentlichen Wege: Jnana und Bhakti. Hier erklärt Swami Sivananda das System der praktischen Körperübungen sehr knapp und klar in 14 Punkten.
Sivananda Hatha Yoga Sadhana Sutras
1. Nun über Hatha Yoga.
2. Hatha Yoga betrifft Körper und Atem.
3. Ein Hatha Yogi reinigt die Nadis durch Pranayama.
4. Er reinigt den Körper durch Shat-Karmas.
5. Er übt Tratak und festigt seinen Blick.
6. Er übt Asanas, Pranayama, Bandhas und Mudras.
7. Er vereinigt Prana mit Apana.
8. Er erweckt die Kundalini durch solche Übungen.
9. Er führt sie dann zu Sahasrara durch Shat Chakras.
10. Er konzentriert sich auf die Chakras.
11. Er vereint die Kundalini mit Sadasiva in Sahasrara.
12. Er trinkt den Nektar, erlangt Unsterblichkeit.
13. Ein Hatha Yogi erlangt Kaya Siddhis.
14. Raja Yoga beginnt da, wo Hatha Yoga endet.
Nun möchte ich gerne die einzelnen Punkte ein wenig erläutern, um sie so verständlicher zu machen.
Sivananda Hatha Yoga Sadhana Sutras
1. Nun über Hatha Yoga.
Solche klassischen Texte beginnen immer mit einer Zusammenfassung des Inhaltes. Hier geht es also um Hatha Yoga. Hatha bedeutet “Anstrengung” oder auch Hat-Tha = Sonne& Mond. So geht es letztlich um die Balance von Sonne und Mond, den gegensätzlichen Kräften in uns, durch Anstrengung.
2. Hatha Yoga betrifft Körper und Atem.
Im Gegensatz zu den anderen Yogawegen die sich eher mit dem Geist befassen, geht es im Hatha Yoga um Körper und Atem. Grob kann man zusammenfassen: Die Körperübungen bringen die Energien zum fliessen und die Atemübungen erwecken mehr Energie.
3. Ein Hatha Yogi reinigt die Nadis durch Pranayama.
Unter Pranayama versteht man die yogischen Atemübungen. Das Wort Pranayama kann man übersetzen mit “Verwalten der Lebensenergie”. Über den Atem haben wir Zugang zu den subtilen Ebenen unserer Selbst, die Techniken helfen das Energiesystem zu reinigen und so dafür zu sorgen das die Energie frei fliessen kann.
4. Er reinigt den Körper durch Shat-Karmas.
Die Shat-Karmas oder Sechs Handlungen sind klassische Übungen um den Körper zu reinigen, sie sollen die anderen Übungen unterstützen. Sie werden auch als Kriyas des Hatha Yoga bezeichnet. Die sechs Handlungen findet man in der Hatha Yoga Pradipika, dem Quelltext des Hatha Yoga, sie sind im einzelnen:
Tratak- Starren auf eine Kerze zur Reinigung der Augen.
Kapalabhati- Schnelles stossweises Ausatmen zum reinigen der Lunge.
Dhauti- Schlucken einem ende einer Mullbinde zum reinigen des Magens.
Nauli- Kreisrundes Bewegen des Bauches und der Eingeweide.
Basti- spezieller yogischer Einlauf.
Neti gibt es in zwei Varianten:
Jala Neti- Durchspülen der Nasengänge mit Salzwasser.
Sutra Neti- Öffnen der Nasenwege mit einem Faden der bis zum Gaumen durchgezogen wird.
Desweiteren gibt es noch eine recht bekannte Übung:
Shank Prakshalana- Vollständige yogische Darmreinigung.
Diese Übungen sollten nur unter Fachkundiger Anleitung gelernt werden.
5. Er übt Tratak und festigt seinen Blick.
Tratak hilft einen klaren und starken Blick zu bekommen.
6. Er übt Asanas, Pranayama, Bandhas und Mudras.
Das sind die verschiedenen Kategorien der Hatha Yoga Praktiken.
Asanas- Körperstellungen die statisch gehalten werden.
Pranayama- Atemtechniken zur Reinigung und Energetisierung.
Bandhas- Energieschleusen die durch Kontraktionen gesetzt werden.
Mudras- Besondere Haltungen die als Siegel für Energien wirken.
7. Er vereinigt Prana mit Apana.
Es werden 5 verschiedene Arten von Energieflüssen im feinstofflichen System des Menschen unterschieden. Prana ist die aufsteigende Kraft und Apana die absteigende. Beide Kräfte sollen durch die Übungen vereinigt werden und dann durch den Hauptenergiekanal strömen.
8. Er erweckt die Kundalini durch solche Übungen.
Ziel des Hatha Yoga ist das Erwecken der Kundalini Kraft. Entspannung, Konzetration und Gesundheit, die Gründe warum Menschen meist mit dem Yoga beginnen, sind nur Nebenwirkungen. Die Kundalinikraft ist ein intelligentes Energiepotential was in jedem Menschen ruht und den Organismus sublimiert.
9. Er führt sie dann zu Sahasrara durch Shat Chakras.
Die Kundalinikraft soll durch die Sushumna, die Hauptenergiebahn in der Wirbelsäule, aufsteigen und die einzelnen Chakras aktivieren. Die Chakras enthalten Bewusstseinsthemen die wir dann schrittweise bearbeiten können.
10. Er konzentriert sich auf die Chakras.
Die Aktivierung der Chakras ist eine der wichtigsten Praktiken des Hatha Yoga. So wird der Energiefluss verbessert und die Themen der einzelnen Bewusstseinszentren werden bearbeitet. In den Asanas lenkt man die Aufmerksamkeit auf verschiedene Weise zu den Chakras.
11. Er vereint die Kundalini mit Sadasiva in Sahasrara.
Die Kundalinikraft ruht im unteren Chakra und steigt dann wie erläutert auf. Dies ist ein langwieriger Prozess und kann harmonisch oder unangenehm sein. Ziel ist das Fliessen der Kundalinishakti durch alle Chakras bis zum Scheitelchakra. Dann sind die Elemente vereint und können transzendiert werden.
12. Er trinkt den Nektar, erlangt Unsterblichkeit.
Fliesst die Kundalinikraft durch alle Chakras und verbindet Shakti an der Wurzel und Shiva in der Krone. Besondere Kräfte beginnen dann an zu strömen und transzendieren das Individuum zu einer höheren Ebene des Bewusstseins.
13. Ein Hatha Yogi erlangt Kaya Siddhis.
Wenn die Energie fliesst werden die brachliegenden Fähigkeiten des Menschen geweckt. Diese werden von weltlichen Menschen als Übersinnlich gesehen.
14. Raja Yoga beginnt da, wo Hatha Yoga endet.
Auf dem Hatha Yoga Weg kommt durch die Transzendierung des Körpers die Kontrolle des Geistes.
Aus diesem Buch ist das Modell: