Hier wieder ein Beitrag aus meiner neuen Rubrik “Q&A” Frage und Antwort, gerne kannst du mir auch eine Frage rund um Yoga, Hinduismus, Meditation, Vedanta und Spiritualität senden, hoffentlich kann ich sie beantworten. Bitte schick einfach eine Mail an narada(ät)vedanta-yoga.de
Stephan Maria Karl von Yoga Vidya Salzburg/ Seekirchen fragt zum Thema Nahrung & Gunas:
“Die konventionelle Einteilung in rajassige, tamassige und sattwige Nahrungsgruppen erscheint mir als überholt. z.B sehe ich die meisten Milchprodukte nicht als sattwig, die in vielen Quellen aber dennoch als sattwig bezeichnet werden. Könntest du in einem Artikel präziser darauf eingehen, denn das ist ein Thema, wofür sich sehr viele Aspiranten interessieren.”
Über die Einteilung der Nahrung in Gunas
Das Thema Ernährung wird fast so kontrovers diskutiert wie Religion und Glaube, und so ist es immer schwierig präzise Aussagen zu machen, zumal man von unterschiedlichen Standpunkten zu grundverschiedenen Sichtweisen kommt. Ernährung ist sozusagen Glaubenssache. Die Idee hinter den Konzepten über Ernährung im Yoga ist weniger von Vorschriften und Tabus geprägt als die meisten anderen Ernährungslehren, hier steht vor allem im Vordergrund:
- Wie wirkt sich die Nahrung auf den Prozess des Yoga aus?
- Also: Wie wirkt meine Ernährung sich auf meinen Geist und mein Energiefeld aus?
- Und: Welche Lebensmittel stehen meiner Entwicklung im Weg?
Die Aussagen von optimaler Ernährung der wir im Yoga folgen sind erstmal nur als eine grobe Orientierung zu verstehen, entscheidend ist, dass wir eine gewisse Sensibilität entwickeln um selbst zu spüren wie Nahrung sich auf unser innerstes auswirkt! Das Problem ist, dass wir durch unsere schlechte Ernährung die Sensibilität verloren haben zu erkennen was tatsächlich gut für uns ist und was uns schadet.
So wird empfohlen sich für eine Zeit von mindestens 6 Wochen ganz strikt an die sogenannte “Sattwiger Ernährung” zu halten um die Feinfühligkeit zu bekommen. Wenn die Feinfühligkeit da ist, kann man erspüren wie z.B. Knoblauch, Kaffee und Pilze sich direkt auf unser Fühlen und Denken auswirken, auffälliger sind Veränderungen natürlich bei Alkohol Kaffee und ähnlichem. Wenn wir gelernt haben die inneren Veränderungen wahrzunehmen, machen die Regeln nicht mehr viel Sinn, denn wir erkennen ganz natürlich was der Körper braucht und richten uns idealer Weise auch danach.
Generell ist die Lehre des Yoga nur als wohlwollende Einladung zu betrachten, entscheidend ist nur die eigene Erfahrung bzw. Erkenntnis.
Um also die nötige Feinfühligkeit zu bekommen wird wie gesagt empfohlen sich “Sattwig” zu ernähren, dazu zunächst eine kurze Erläuterung des Konzeptes der 3 Gunas. Die Yogalehre sagt, das manifeste Universum ist aus drei Grundkräften gewoben, diese werden als Gunas bezeichnet: die drei Wirkkräfte oder Eigenschaften:
- Tamas– wörtlich “benebelt”, es ist das Prinzip der Statik: Festigkeit, Stabilität und Trägheit, auf geistiger Ebene ist es die Dumpfheit, Lustlosigkeit, Faulheit, Müdigkeit, Verneblung, Ignoranz.
- Rajas– ist das Prinzip der Aktivität, also Tätigkeit, Bewegung, Ruhelosigkeit und Tatkraft.
- Sattwa– ist das ausgleichende Prinzip: Klarheit, Ruhe, Harmonie und neutrales Gewahrsein.
Und so lässt sich auch die Nahrung in diese drei Wirkkräfte einteilen, je nachdem wie sie auf unseren Geist wirkt:
- tamasige Nahrung ist alles was uns dumpf und träge macht, also unsere Energien lahmlegt: tiefgekühltes, aufgewärmtes, konserviertes, stark denaturiertes aber auch Fleisch und Pilze…
- rajasige Nahrung ist alles was uns belebt, aktiviert und unruhig macht: scharfes, Lauchgewächse, raffinierter Zucker, weißes Mehl, Kaffee…
- sattwige Nahrung ist alles was neutral, klärend und nährend auf unseren Organismus einwirkt, und da werden im allgemeinen 5 Nahrungsgruppen genannt.
Die 5 Nahrungsgruppen welche traditionell als Sattwig bezeichnet werden:
- Getreide
- Hülsenfrüchte
- Gemüse & Salate
- Obst & Früchte
- Milchprodukte
Wobei letzteres auch nur in Maßen sattwig ist, da ein zu viel an Milchprodukten tamasig ist, uns also eher dumpf und träge macht. Traditionell hat man in Indien nur sehr wenig Milchprodukte in der täglichen Nahrung gehabt, und wenig ist wie gesagt noch sattwig, und eben auch gesund- im Gegensatz zu einem zu viel an Milch. Allerdings wird bei uns heutzutage im Vergleich zum alten Indien sehr viel Milch konsumiert, was natürlich auch zu einer äusserst unschönen Tierausbeutung führt. Also nicht nur die Wirkung auf den Körper ist tamasig, sondern auch das viele Leid in der Tierwelt durch die extensive Milchwirtschaft ist tamasig. Oder anders gesagt: eine vegane Ernährung ist sehr sattwig. Wir können die Gunas nicht als absolut stehende Begriffe verwenden, sondern müssen sie in Relation betrachte!
Die Dosis macht das Gift!
Es ist also eine Frage der Dosis, und dazu ist noch folgendes zu sagen:
Man sollte immer schauen, wie die Ausgangslage ist. Für jemanden der es gewohnt ist täglich Fleisch zu essen, ist es schon sehr sattwig nur noch ein Mal pro Woche Fleisch zu essen. Ebenso ist es für jemanden der schon lange vegetarisch lebt ein Schritt zu mehr Sattwa seinen Konsum von Milchprodukten zu reduzieren. Und so muss jeder für sich schauen wie er etwas mehr Sattwa in seine Ernährung bringen kann um feinfühliger und klarer zu werden.
Das selbe Prinzip gilt übrigens auch für die Wichtigste Handlungs-empfehlung im Yoga:
Ahimsa- Gewaltlosigkeit. Wir sollten versuchen so wenig wie möglich Gewalt gegenüber anderen Wesen anzuwenden, und jede Reduzierung von Gewalt ist gut und ein Beitrag für eine bessere Welt. Beispielsweise Fleischkonsum erzeugt viel Leid, Milchkonsum schon etwas weniger, vegane Ernährung fast gar nicht. Es ist schon eine Hilfe für die Welt wenn wir ein bisschen weniger Gewalt ausüben, so wie es eben für uns und unser Leben passt. Wir müssen nicht direkt zu Heiligen werden.
In diesem Sinne:
- Versuche auch du einfach ein bisschen mehr Klarheit, Liebe, Frieden und Positivität zu Leben und mache deine kleine Welt Schritt für Schritt zu einer besseren!
- Überlege dir wie du deine Ernährung ein klein wenig sattwiger gestalten kannst und lerne zu erspüren wie die Nahrung auf dich und deinen Organismus wirkt!
- Sei so gewaltlos wie es dir möglich ist!
lokāḥ samastāḥ sukhino bhavantu