Swami Sivananda hat ein integrales Konzept vom Yoga gelehrt. Im Westen sind zwar die Körperübung an populärsten, jedoch beinhaltet das Yoga noch weitaus mehr. Es geht um eine Schulung von Körper, Geist und Seele. Klassischerweise gibt es die Unterscheidung von 4 Yoga-Wegen, die Swami Sivananda alle in seine Lehrern integrierte. Als wichtigste vorbereitende Übung um den Geist und das Herz zu reinigen, gilt das Karma-Yoga, der Weg des selbstlosen Handelns. Karma-Yoga bedeutet eine modifikation der geistigen Einstellung gegenüber jeder Handlung, also letztlich in jedem Moment.
Sivananda Karma Yoga Sadhana Sutras
1. Nun über Karma Yoga Sadhana.
2. Karma Yoga Sadhana reinigt das Herz.
3. Es ist eine Hilfestellung für die Erkenntnis.
4. Erkenntnis ist nicht möglich ohne Chitta Suddhi.
5. Karma Yoga Sadhana entwickelt Liebe und Barmherzigkeit.
6. Karma Yoga öffnet das Herz.
7. Gib die Vorstellung von Ich und Mein auf.
8. Entwickle Anpassungsfähigkeit, Toleranz und Mut.
9. Beherrsche deine Stimmungen.
10. Töte Selbstsucht und die Idee der Überlegenheit.
11. Sei demütig, sanft und mild.
12. Sprich gemessene Worte.
13. Sei wahrhaftig und aufrichtig.
14. Erwarte keine Früchte.
15. Überlasse die Früchte dem Herrn.
16. Sei ein Werkzeug in Händen des Herrn.
17. Überlasse Körper, Geist und Reichtum dem Herrn.
18. Habe universelle Sicht und einen ausgewogenen Geist.
19. Fühle, daß alle Formen Formen Gottes sind.
20. Fühle, daß du alleine Gott dienst.
21. Diene den Kranken, Armen und Eltern.
22. Diene deinem Land.
Und hier möchte ich nun die einzelnen der 22 Punkte kommentieren und damit etwas verständlicher und zugänglicher machen.
Sivananda Karma Yoga Sadhana Sutras
1. Nun über Karma Yoga Sadhana.
Klassische Sutra-Texte beginnen mit einer Zusammenfassung des Inhaltes. Der Text beinhaltet also die Praktiken des Karma Yoga.
2. Karma Yoga Sadhana reinigt das Herz.
Die Techniken des Karma Yoga helfen das Herz zu reinigen und sich so vorzubereiten für die höheren Techniken des Yoga. So stand klassischer Weise das Karma Yoga immer am Beginn des Yoga Weges. Es wird erlernt loszulassen und selbstlos zu handeln, dadurch reinigen wir das spirituelle Herz von Unreinheiten.
3. Es ist eine Hilfestellung für die Erkenntnis.
Genau wie das Hatha Yoga soll das Karma Yoga auf dem Weg zur Erkenntnis unterstützen. Bhakti- und Jnana Yoga sind die Wege die zuverlässig zum Ziel führen und sie sollten begleitet werden von Karma und Hatha- Yoga.
4. Erkenntnis ist nicht möglich ohne Chitta Suddhi.
Um die Wirklichkeit jenseits unserer begrenzungen zu erkennen, braucht es einen reinen Geist. Durch selbstloses Handeln erreichen wir die Klärung des Geistfeldes.
5. Karma Yoga Sadhana entwickelt Liebe und Barmherzigkeit.
Karma Yoga bedeutet, dass man handelt, ohne “an den Früchten der Handlungen zu hängen.” Also jede Handlung wird als Opfer oder Geschenk angesehen, wir tun was vor der Nase liegt, geben dabei unser Bestes und akzeptieren die wirkungen die sich daraus ergeben. Dadurch kommt die Liebe ins fliessen und unser Handeln wird barmherzig.
6. Karma Yoga öffnet das Herz.
Um uns selbst zu heilen und unser Energiesystem zu aktivieren, braucht es ein offenes Herz-Chakra. Wenn wir das ganze Universum als Gott betrachten und ihm hingebungsvoll unsere Handlungen opfern, kommt Liebe zum fliessen und wir öffnen unser Herz.
7. Gib die Vorstellung von Ich und Mein auf.
Wenn ein Meister die Verwirklichung erreicht hat, erkennt er die Wirklichkeit. Er sieht dass “Ich und Mein” nur eine falsche Vorstellung des begrenzten Geistes gewesen ist. Karma Yoga hilft diese Vorstellung aufzulösen und zu einer universellen nondualen Sicht zu kommen. Das “ich und Mein” ist nur ein Gedanke im Geist, die Idee ein getrenntes Wesen zu sein. Es ist schwierig zu verstehen, aber die Bedingung um die Nondualität zu erfahren.
8. Entwickle Anpassungsfähigkeit, Toleranz und Mut.
Karma Yoga bedeutet auch, zu akzeptieren was das Universum einem in diesem Moment gibt. Wir schenken unser Handeln Gott, und nehmen als Geschenk an was wir von Gott bekommen. Gott ist das ganze Universum, wir sind der Diener Gottes. Die drei genannten Tugenden helfen uns zurückzunehmen und dadurch zu verschmelzen mit jeder Erfahrung.
9. Beherrsche deine Stimmungen.
Stimmungen und Gefühle kommen und gehen. Wir wollen uns auf das ausrichten was beständig, unveränderlich, ewig und zeitlos ist: das reine Bewusstsein. Und die Stimmungen lenken uns davon ab das unmittelbare Sein zu erfahren. Sicherlich wollen die Stimmungen uns etwas zeigen, weisen auf ein ungeklärtes Thema hin, jedoch sollten wir besonnen beobachten was kommt und geht.
10. Töte Selbstsucht und die Idee der Überlegenheit.
Ich bin ein Teil der Universums, wie die Zelle Teil des Körpers ist. Ich bin kein getrenntes Wesen, sondern Teil des grossen Ganzen. Natürlich erfahre ich mich als Zentrum des Universums, jedoch geht es darum, mit der Erfahrung bzw. mit dem Wahrgenommenen zu verschmelzen.
11. Sei demütig, sanft und mild.
Wenn ich Gott erfahren möchte, gilt es ihn durch mich wirken zu lassen. Eine ganz leise und feine Stimme in mir, ein Gefühl, ein Impuls ist der Wegweiser. Das “Ich und Mein” ist laut und dominant. Durch die Demut, den Sanftmut und die Milde kann ich Gott wirken lassen, ich nehme “mich selbst” zurück, also der teil meines Geistes der Selbstbezogen und Vergnügungssüchtig ist.
12. Sprich gemessene Worte.
Kommunikation ist womöglich das wichtigste Sadhana. Bei jeder Begegnumg gilt es achtsam und wohlwollend zu sein. In der Manu-Smriti heißt es: “Worte sind wie Pfeile, einmal abgeschossen, kannst du sie nicht zurückholen.”
13. Sei wahrhaftig und aufrichtig.
Nur wenn wir ehrlich und integer sind, können wir einen ruhigen Geist bekommen. Andernfalls verstricken wir uns in Gedanken und in Dinge die nichts mit dem zu tun haben was tatsächlich ist.
14. Erwarte keine Früchte.
Karma Yoga ist Handeln als Opfer oder Geschenk. Das beinhaltet auch das akzeptieren der Früchte (Ergebnisse) die man bekommt.
15. Überlasse die Früchte dem Herrn.
Gott ist alles, ich bin nur eine Vorstellung in den Gedanken die sich verselbstständigt haben. Also stehen mir die Früchte des Handelns nicht zu, ich schenke sie dem Herrn. Dies bedeutet nicht, dass ich nicht geniessen darf, sondern es geht um ein kultivieren von Dankbarkeit und Demut.
16. Sei ein Werkzeug in Händen des Herrn.
Ich stelle mich zur Verfügung. Möge das Göttliche durch mich hindurch wirken, dein Wille geschehe. Dadurch wird alles in den Fluss kommen und tatsächlich kann ich das Leben dann viel tiefer geniessen.
17. Überlasse Körper, Geist und Reichtum dem Herrn.
Der Herr wird dann bestend für alles sorgen. In jedem Moment können wir uns entscheiden Gott wirken zu lassen.
18. Habe universelle Sicht und einen ausgewogenen Geist.
Wir sollten uns nicht in Details verstricken und das Wesentliche aus dem Blick verlieren. Universelle Sicht haben bedeutet, alles losgelöst und wohlwollend wahrzunehmen und als Gottgegeben zu akzeptieren. Einen ausgewogenen Geist entwickeln wir durch das Beobachten der Gedanken und Gefühle.
19. Fühle, daß alle Formen Formen Gottes sind.
Alles ist Gott, alles was wir wahrnehmen können. Das gilt es nichtnur intellektuell zu erfassen, sondern auch zu spüren.
20. Fühle, daß du alleine Gott dienst.
Jede Handlung wird zum Dienst an Gott.
21. Diene den Kranken, Armen und Eltern.
Wahres Karma Yoga bedeutet ein Handeln ohne eigenes Interesse, sondern der Dienst an der Umwelt, den Mitmenschen dem was zu tun ist.
22. Diene deinem Land.
Swami Sivananda lebte zu einer anderen zeit, in einem anderen Land. Ich würde heute eher sagen: Diene den Menschen. 😉
Die Praxis des Karma Yoga ist universell und wird auch in anderen Kulturen und Traditionen so oder so ähnlich geübt. Vielleicht findest du in diesen 22 Punkten von Swami Sivananda einiges zur modifizierung deiner Einstellung im Hier und Jetzt zu Handeln.
Om Bolo Sadguru Sivananda Maharaj Ji Ki- Jay!
Aus diesem Buch ist das Modell: