Wieder habe ich eine interessante Frage über die Yogawege bekommen, die ich im Rahmen meiner Rubrik Q&A hier beantworte. Gerne kannst auch du mit deine Fragen schicken rund um Yoga, Meditation, Advaita, Spiritualität u.s.w., einfach eine Mail an narada(ät)vedanta-yoga.de oder direkt an meine facebookseite.
Diese Frage nun also von Beatriz:
„Es fällt mir schwer die Frage zu formulieren aber ich will es versuchen: Es geht um das parallele praktizieren der verschiedenen Yoga Wege, also Bhakti Yoga, Karma Yoga, Raja Yoga, Jnana Yoga, und Advaita; du sprichst ja auch vom „integralen Yoga“. Ich praktiziere regelmässig Meditation und Asanas in Richtung Raja Yoga mit Konzentration auf einen Punkt oder auf die Atmung, gehe aber auch des öfteren in einen Hindu Tempel zum Kirtan Singen und zu den wichtigen Hindu Festen wie Navaratri, Shivaratri, Ganesha Chaturti etc., in diesen Zeiten praktiziere ich intensiv Bhakti Yoga mit Kirtan singen und Japa Rezitation. Nach so einer Zeit weiss dann mein Geist manchmal nicht so recht was er jetzt machen soll: weiterhin Japa mit dem Ganesha Mantra aber dann kommt ja kurz darauf das nächste Fest indem man das weibliche Goettliche verehrt und dann kommt Shivaratri und so weiter und die Meditation kommt dann in dieser Zeit eher zu kurz. Ich kann mich aber auch nicht nur für eine Sache entscheiden. Meine Frage ist nun: ist es sinnvoll die verschiedenen Wege parallel zu praktizieren oder wäre es effektiver sich auf einen Weg zu konzentrieren?“
Hallo, liebe Beatriz,
Die Idee der Trennung zwischen verschiedenen Wegen des Yoga ist recht neu und hat sich als Konzept vor allem im Westen durchgesetzt. Es geht zurück auf die Lehren von Swami Vivekananda, der die Wissenschaft des Yoga zum Teil vereinfacht gelehrt hat und versucht hat, die verschiedenen Wege des Yoga voneinander zu trennen.
Es gibt nur ein Yoga und Yoga ist letztlich alles, was dich zu deinem wahren Selbst bzw. zu Gott führt. Da das Yoga aber so alt ist, hat es sich wie ein Baum in verschiedene Zweige entwickelt, die man unterschiedlich benennen kann. Jnana ohne Bhakti macht keinen Sinn und ebenso unterstützt Rajayoga das Hathayoga, die Yogawege befruchten sich gegenseitig und es ist gut „von jedem ein bisschen zu üben“, wie es Swami Sivananda sagte. Einerseits soll dir das Singen und die Bhaktiyoga-praxis helfen, das Herz für die Liebe zu Gott zu öffnen, und andererseits ist Jnanayoga wichtig, um die Grenzen deiner Konzepte zu überwinden und die Unwissenheit zu transzendieren. Rajayoga ist essenziell um den Geist zu fokussieren und die unbearbeiteten Themen aufzuarbeiten, und Karmayoga hilf dir gegenwärtig zu sein und jede Handlung als Praxis zu sehen. Hathayoga hilft gesund zu bleiben, den Körper zu spüren und das Bewusstsein auszudehnen. Keine dieser Wege ist unwichtig und keiner dieser Wege widerspricht einem anderen, alle sind Teile des ganzen.
Auch mit den indischen Göttern ist es ähnlich, es gibt nur ein göttliches Prinzip welches sich in den verschiedenen Namen und Formen ausdrückt. Jeder einzelne Gott oder jede Göttin drückt bestimmte Aspekte von dir aus und es ist gut, wenn du solche Feste nutzt, um dich in den verschiedenen Facetten zu stärken, auch ist es gut, wenn du immer mal wieder verschiedene Praktiken übst, um dich weiterzuentwickeln.
Aber: trotz all der Abwechslung, die das Yoga bietet und der vielen Methoden, die man ausprobieren kann, sollte man schauen, dass man bestimmte Übungen täglich macht, um eine gewisse Kontinuität zu haben und dadurch in die Tiefe zu gehen. Gut ist z.B. wenn du täglich 20 Minuten auf dieselbe Weise meditierst und 3x in der Woche Hathayoga übst, du kannst aber darüber hinaus auch andere Meditationen üben und schauen was sich sonst noch so anbietet. Wenn du z.B. einen Gott (bzw. eine Form des Göttlichen) verehrst, schließt du nicht die anderen aus, sondern mit ein, also wenn du z.B. Ganesha am coolsten findest und sein Mantra für die Meditation nimmst, kannst du trotzdem noch Shiva, Krishna und all die anderen verehren.
Du kannst also alle Wege zugleich üben, aber wenn du dich zu einem Weg besonders hingezogen fühlst, kannst du deinen Schwerpunkt darauf legen.
Letztendlich geht es darum, dich mit Gott zu verbinden, egal wie du ihn oder sie nennen magst.
Es geht darum, dein wahres Selbst zu erkennen, das geht nicht durch Anstrengung.