Der große Begründer des Raja Yoga Patanjali vermittelt in seinem Yoga Sutra mit diesem Ashtanga Modell ein wunderbares Konzept zum Verständnis des spirituellen Weges.
Ashtanga – die acht Stufen des Yoga
Das Yoga Sutra Teilt den Weg des Raja Yoga zum Ende des 2. und Beginn des 3. Kapitels in 8 Aspekte ein. Dieses Ashtanga genannte Konzept, der “achtgliedrige Pfad nach Patanjali” kann man unterschiedlich betrachten: Entweder als Stufen, oder als parallele Glieder. Man kann also stufenweise die einzelnen Punkte durchgehen bis man die letzte Ebene verwirklicht hat, oder 7 Glieder nebeneinander Praktizieren bis das 8. verwirklicht ist.
Raja Yoga wird als der Weg der Geisteskontrolle bezeichnet, es geht um die Herrschaft über den Geist.
Hier ein Vortrag zum Ashtanga:
8 Glieder des Raja Yoga, Ashtanga nach Patanjali:
- Yamas (das Verhältnis zur Umwelt)
Der Umgang mit unseren Mitmenschen hat einen hohen Stellenwert im Yoga. - Niyamas (das Verhältnis zu sich Selbst)
Die Weise wie wir mit uns selbst umgehen ist ausschlaggebend für unsere Entwicklung. - Asana (die Körperhaltung)
Vorraussetzung für das tiefe nach innen gehen ist die stabile und bequeme Haltung. - Pranayama (die Energiekontrolle)
Über den Atem hat man Zugang zur Lebensenergie und kann beides beruhigen. - Pratyahara (das Zurückziehen der Sinne)
Die Aufmerksamkeit geht ganz nach innen und die Sinneswahrnehmungen gehen mit. - Dharana (die Konzentration)
Schrittweise lernen wir den Geist auf einen Punkt auszurichten. - Dhyana (die Meditation/Verbindung)
Die Versenkung in den Fluss der Aufmerksamkeit im Hier und Jetzt. - Samadhi (die Verschmelzung)
Die Überwindung des Alltagsbewusstseins hinein in eine neue Dimension des Seins.
Soweit diese Ashtanga genannten 8 Punkte des Raja Yoga in Kürze.
Verse des Yoga Sutra zum Ashtanga
Im Rahmen meiner Patanjali Yoga Sutra Kommentierungen, werden die einzelnen Punkte des Ashtanga in den Versen 2.27-3.3 noch sehr detailliert Beschreiben, hier die entsprechenden Links:
- 2.27-29 Einleitung zum Ashtanga- 8 Glieder des Yoga
- 2.30-34 Hinführung zu den Yamas und Niyamas
- 2.35-39 Die Yamas – Umgang mit Anderen
- 2.40-45 Niyamas – Mit sich selbst leben
- 2.46-48 Sthira Sukham Asanam – Meisterung der Körperhaltung
- 2.49-53 Pranayama – die 4.Stufe des Ashtanga
- 2.54-55 Pratyahara – die Sinne umkehren
- 3.1-3 Dharana, Dhyana, Samadhi – Die Samyama Technik
- 3.4-6 – Samyama- die innere Sammlung
- 3.7+8 – Ashtanga führt nach Innen
Shankara und das Ashtanga
Auch Adi Shankaracharya formulierte im 9. Jahrhundert Verse zum Ashtanga in seinem Text Aparoksha Anubhuti, die Verse 103-127 enhaten einige nützliche Ergänzungen zu Patanjalis Werk.
103. das Gleichgewicht des Körpers, die Klarheit der Vision, die Kontrolle der vitalen Kräfte, die Zurückhaltung des Verstandes, die Konzentration, die Kontemplation des Atman und die vollständige Absorption.
104. Die Kontrolle der Sinne (Yama) wird durch die Erkenntnis erlangt, dass alles Brahman ist. Diese Praxis muss wieder und wieder geübt werden.
105. Der kontinuierliche Fluss eines einzigen Gedankens unter Ausschluss aller anderen wird als die Kontrolle des Verstandes (Niyama) bezeichnet. Die Weisen praktizieren dies regelmäßig. Der eine und einzige Gedanke ist: Mein Selbst ist das Höchste Selbst.
106. Die wahre Entsagung besteht in der Aufgabe dieses illusorischen Universums, welches als der allwissende Atman erkannt wird. Die Großen ehren diese Form der Entsagung wegen ihrer Natur der unverzüglichen Befreiung.
107. Der Weise sollte stets eins mit der Stille sein, der sich Worte und Verstand zuwenden, ohne sie jemals berühren zu können. Die Yogis jedoch erreichen eben diese Stille.
108. Wer kann DAS (Brahman) beschreiben, das durch Worte nicht berührt werden kann? (denn Brahman wird nur in der Stille verwirklicht.) Ebenso geht der Versuch fehl, die phänomenale Welt zu beschreiben, da sie jenseits aller Worte ist. (man kann weder behaupten, dass die Welt Sat [wirklich] sei, weil sie im Tiefschlaf nicht wahrgenommen wird, noch dass sie Asat [unwirklich] sei, weil wir sie im Wachzustand wahrnehmen.)
109. Daher muss die phänomenale Welt ebenfalls als unbeschreibbar angesehen werden. Die Weisen kennen diese Unausdrückbarkeit auch als die wesenhafte Stille (da sie untrennbar vom Atman ist). Die Kontrolle der Sprache als Mittel des Stillseins wird von den Lehrern der Natur des Brahman gegenüber den Unwissenden angeordnet.
110. Der Raum ist jene Erhabenheit, in der das Universum weder am Anfang, in der Mitte noch am Ende existiert, aber gleichwohl von diesem Raum in alle Ewigkeit durchdrungen wird (dieser Raum ist Brahman).
111. Das nicht-duale Brahman, dessen Natur unteilbare Seligkeit ist, wird mit dem Wort „Zeit“ in Verbindung gebracht, weil es in der Zeitspanne eines Lidschlags alle Lebewesen von Brahma (dem Schöpfer) an abwärts erschafft.
112. Die wahre Haltung ist diejenige, mit deren Hilfe die Meditation über Brahman spontan und unaufhörlich vonstatten geht, jedoch nicht jene, die die Seligkeit dieser Meditation stört.
113. Siddhasana wird jene Haltung genannt, die als der Ursprung aller Lebewesen und Grundlage des gesamten Universums bekannt ist, die unbeweglich ist und in welcher die Erleuchteten ihre Individualität vollständig verlieren.
114. DAS (Brahman), das die Wurzel der gesamten Existenz ist, und auf dem die Kontrolle des Verstandes beruht, ist als die Basis oder Wurzel der Zurückhaltung (Mulabandha) bekannt. Diese Haltung sollte stets von denen eingenommen werden, die Raja-Yogis (Raja Yoga – eine mental orientierte Yoga-Form) sind.
115. Das Gleichgewicht aller Teile des Körpers entsteht durch die vollständige Absorption im einheitlichen Brahman. Bloße strenge Körperkontrolle wie bei einem vertrockneten Baum kann nicht als Gleichgewicht angesehen werden.
116. Durch Verwandlung der gewöhnlichen Sicht in die Sicht der Erkenntnis muss man dahin kommen, die Welt als Brahman selbst anzusehen. Nur diese ist die wahre höchste Sicht, aber nicht diejenige, die ihre Aufmerksamkeit nur auf die Nasenspitze richtet.
117. Oder man sollte seine Aufmerksamkeit allein auf DAS richten, in dem alle Unterscheidungen von Seher, Gesehenem und Akt des Sehens verschwinden, aber nicht auf die Nasenspitze.
118. Die Kontrolle aller mentalen Modifikationen, die als Chitta bezeichnet werden, und die Art, sie als Brahman allein zu sehen, wird Pranayama genannt.
119. Die Verneinung der phänomenalen Welt ist Rechaka (Ausatmung), der Gedanke „ich bin wahrhaftig Brahman“ ist Puraka (Einatmung) und das feste Verbleiben in diesem Gedanken wird Kumbhaka (Zurückhalten des Atems) genannt.
120. Dies ist für die Erleuchteten das wahre Pranayama. Dagegen quälen die Unwissenden lediglich ihre Nasen.
121. Die Absorption des Verstandes in der höchsten Erkenntnis, in der der Atman in allen Objekten wahrgenommen wird, wird Pratyahara (Zurückhaltung des Verstandes von den Sinnen und Objekten) genannt. Diese Praxis wird von denjenigen geübt, die die Befreiung suchen.
122. Das höchste Dharana (Konzentration) ist jene feste Haltung des Verstandes, in der alles als Brahman erkannt wird; wohin der Verstand sich auch immer wenden mag.
123. Das von allem unangefochtene Verbleiben im einzigen, ungeteilten Gedan ken „Ich bin wahrhaftig Brahman“ wird mit dem Begriff Dhyana (Meditation) bezeichnet. Diese ist der Bringer höchster Seligkeit.
124. Das vollständige Vergessen aller Gedanken dadurch, sie zuerst bewegungslos zu machen und anschließend konsequent mit Brahman zu identifizieren, wird Samadhi oder auch Erkenntnis genannt.
125. Der Aspirant sollte diese Meditation, die seine eigene Seligkeitsnatur enthüllt, mit großer Sorgfalt praktizieren, bis sie dominierend geworden ist. Dann entsteht sie spontan in einem einzigen Augenblick, sobald man sich in diesem Zustand befinden möchte.
126. Damit befreit sich der Fähigste der Yogis, der diese Vollkommenheit (durch Festigung in dieser Praxis) erlangt hat, von allen anderen Praktiken. Die wahre Natur eines solchen Menschen geht über alle Worte und den Verstand hinaus.
127. Während der Praxis des Samadhi entstehen unvermeidlich verschiedene Hindernisse, als da wären: Unvermögen in der Erforschung, Lethargie, Wunsch nach den Freuden der Sinne, Schlaf, Trägheit, Zerstreutheit, Geschmack an der Freude und das Gefühl von Leere.