Der König Janaka stellte dem Weisen Ashtavakra die große Frage nach dem Sinn des Seins, aus dem daraus entstehenden Dialog ist die Ashtavakra Gita formuliert. Die Ashtavakra Gita (aṣṭāvakragītā) wurde vermutlich im 4.Jhd.n.Chr. verfasst und es ist ein grundlegender Text des Advaita Vedanta. Ashtavakra” bedeutet wörtlich “der mit den acht krummen Gliedern” und es gibt dazu eine kleine Geschichte aus dem Mahabharata Epos:
Als Ashtavakra Rishi sich im Mutterleib befand, hat er seinen Vater Krodha bei den Sanskrit Rezitationen telepathisch korrigiert, dieser wurde daraufhin sauer und verfluchte seinen Sohn im Mutterleib. Daher ist Ashtavakra dann mit krummen Gliedern auf die Welt gekommen. Dieses soll wohl auch symbolisieren, dass die Weisheit unabhängig von der äusseren Form ist.
“Wie kann Wissen erlangt werden? Wie kann Befreiung erreicht werden? Wie kann Entsagung geschehen?”
Video mit ausgewählten Versen
Wie Ashtavakra seinen Vater rettete
In der Geschichte über Ashtavakra die im Mahabharata erzählt wird rettet Ashtavakra später seinen Vater Krodha. Krodha hatte am Hofe Janakas einen Disput mit dem Weisen Vandin ausgefochten und verloren. Es war zu dieser Zeit üblich, dass der Unterlegene eines spirituellen Disputes tuen sollte was der Sieger im befahl. Vandin verlangte üblicherweise von seinen kontrahenten sich im heiligen Fluss dem Totengott Yama zu übergeben. Es hatte jedoch, was keiner wusste, der Wassergott Varuna viele der Weisen unter seine Obhut genommen um ein 12 Jähriges Ritual durchzuführen. Als Ashtavakra Jahre später im Wettstreit nun Vandin besiegte wurde sein Vater und viele andere die zuvor in Disputen verloren hatten wieder freigelassen, es stellte sich heraus das vandin der Sohn des Varuna war und ihm die Weisen besorgt hatte um das Ritual durchzuführen. Krodha hat dann durch seine erworbenen Wunderkräfte Ashtavakra von seinen krummen Gliedern wieder geheilt. Ashtavakra wurde später der Guru voon Janaka und Yajnavalkya, beide sind sehr wichtige Personen der Upanishaden Zeit und sie gelten als mitbegründer des Hinduismus und Yoga.
Das Wort “Gita” bedeutet Gesang und es gibt im Hinduismus viele verschiedene Gita Texte. Natürlich ist am bekanntesten die Bhagavad Gita “Der Gesang des Erhabenen” der einen Dialog zwischen dem Gott Krishna und dem Menschen Arjuna enthält. Weitere bekannte Gitas sind beispielsweise die Guru Gita und die Jivanmukti Gita.
Ich habe die einzelnen Verse von der Seite Pushpak.de entnommen, Undine Weltsch & Jens Grünewald arbeiten an einem wunderbaren Projekt verschiedene traditionelle Texte des alten Indiens zu übersetzen, eine Lektüre des kompletten Textes ist sehr zu empfehlen!
Ausgewählte Verse der Ashtavakra Gita mit kurzen Kommentaren
“Du bist das eine ungebundene Bewußtsein. Deine einzige Bindung besteht darin, daß du dich selbst als etwas anderes siehst.”
Unsere wahre Natur ist Satchidananda- Sein, Gewahrsein, Seeligkeit, nur leider haben wir uns darin verfangen zu glauben etwas anderes zu sein, nämlich Körper und Person.
“Es ist wohl wahr, wenn die Leute sagen “Du bist, was du denkst!”. Wer sich gebunden sieht, ist wirklich gebunden. Wer sich frei erkennt, ist wahrlich frei.”
Entscheidend ist die Art und Weise wie wir uns und die Welt betrachten und was unsere Überzeugungen sind, wir können selbst entscheiden uns als begrenzt oder frei zu sehen.
“Du bist das eine Selbst, der ewige Zeuge, alldurchdringend, vollkommen, alleinsam, frei, bewußt, untätig, ungebunden, wunschlos und still. Nur durch die Macht der Illusion erscheinst du in der Welt und im Rad der Geburten.”
Die Illusion hält uns in dem Glauben ein getrenntes und begrenztes Individuum zu sein, es gilt genau zu verstehen was dieses Selbst ist und dann zu erkennen das wir nichts anderes sind.
“Weder bin ich dieser Körper, noch gehört er mir. Jenseits von allem Egoismus bin ich ewiges Bewußtsein. Wahrlich, dies war meine Bindung, daß ich der körperlichen Existenz anhaftete.”
Ich bin nur das reine bewusste Sein und nichts was von diesem wahrgenommen werden kann. Nur das Ego hält an seinen Konzepten fest und bindet den Geist an die große Illusion.
“Wer alle innere Unreinheit abgewaschen hat und jenseits aller Gegensätzlichkeit über jede Hoffnung erhaben ist, der empfindet die Sinneserfahrungen in ihrem natürlichen Lauf weder begehrend noch ablehnend.”
Wenn also das wahre Selbst welches nondual also alles umfassend ist erkannt hat nimmt das Leben in seinem Fluss so wie es eben gerade kommt.
“Vielleicht einer unter Tausenden erkennt das Selbst frei von Gegensätzlichkeit als den alleinigen Herrn der Welt. Dann handelt er spontan durch den Impuls des Karmas, das bereits angesammelt wurde, um Früchte zu tragen, doch allseits frei von egozentrischer Angst.”
Wenn das Selbst einmal als Essenz allen Seins erkannt wurde handelt man ganz “von selbst”nurnoch als Dienst an den Augenblick und geniesst die Früchte vergangenen Handelns.
“Ich bin in allen Wesen, und alle Wesen sind in mir. Dies ist Erkenntnis, wahrhaft und sicher. Da ist kein Gewinnen, kein Verlieren, kein Vergehen.”
Es gibt nichts ausser dem Einen, alles andere ist nur eine Illusion die auch teil dieses Einen, dieses ist keine vorübergehende Erfahrung sondern eine dauerhafte Erkenntniss.
“In mir, dem grenzenlosen Ozean, wird das Boot der Welt vom Wind des Geistes hin und hergetrieben. Doch mich ergreift es nicht.”
“In mir, dem grenzenlosen Ozean, mögen die Wellen der Welt von selbst aufsteigen oder fallen. Ich leide dadurch weder unter Wachstum noch Verfall.”
“In mir, dem grenzenlosen Ozean, mag die Welt erscheinen. Still und formlos bin Ich. Darin allein ist Verweilen.”
Das Gleichniss vom ozean, der Welle und dem Wasser ist ein Bild um zu verdeutlichen worum es geht, das Individuum ist die Welle, Gott ist der Ozean doch letztlich ist alles Wasser.
“Sobald du tiefgründig erkennst, daß die Vielfalt der Welt eine Gestaltung dessen ist, was ihr zugrunde liegt, verweilst du im gleichen Moment, frei von Bindung, in dem, was du schon immer bist.”
Erkenntniss ist nicht zu verwechseln mit intellektuellem Verstehen, es geht darum es tiefgründig zu Realisieren so dass kein Zweifel mehr zurückbleibt.
“Bindung besteht nur im Begehren, ohne Begierde ist Freiheit. Ein Loslassen der Erscheinungen führt allmählich zur Zufriedenheit und schließlich zur Selbstverwirklichung.”
Wobei hiermit wohl nicht gemeint ist sich in strenger Askese zu üben, sondern die Ursachen der begierden zu ergründen und sie damit aufzulösen.
“Weil mich die Sinneseindrücke nicht mehr davontragen, und weil das Selbst kein Gegenstand sinnlicher Wahrnehmung ist, so wurde das Denken frei von Zerstreuung, achtsam und im Einen gesammelt. So verweile ich nun hier.”
Denken und Fühlen ist immer mit Objekten verbunden, das was wahrgenommen werden kann ist jedoch nicht das Selbst. Meditation hilft sich von den Erscheinungen der Welt zu lösen um sich in selbigen aufzulösen.
“Laß deinen Körper bis ans Ende der Zeit bestehen oder vergehe noch am heutigen Tag. – Welcher Gewinn oder Verlust wäre dir, dem ewigen Bewußtsein?”
Wenn wir erkannt haben eins mit allem zu sein hört nicht nur jede Suche auf sondern alle Erfahrungen werden als Gleichgültig erkannt, wobei man selbst-verständlich das leben in vollen Zügen geniesst.
“Laß doch die Wellen der Welt steigen oder fallen in dir, dem grenzenlose Ozean, wo es weder Zunahme noch Abnahme gibt.”
Das Leben bleibt ein Auf und Ab, es gibt weiterhin Leiden und leidvolle Erfahrungen. Jedoch wird nie ausser Acht gelassen, dass man dieses Eine ist welches jenseits der Erfahrungen ist.
“Der Asket vermeidet die Sinnesgenüsse, der Weltling läuft ihnen hinterher, aber wer von Gegensätzen frei ist, der läuft ihnen weder hinterher, noch vermeidet er sie.”
Dies ist der wahre Weg der Mitte, zu erkennen das man eins mit den Erfahrungen ist und die Dinge so anzunehmen wie sie kommen.
Laß Mahadeva, Vishnu oder Brahma selbst dein Lehrer sein, doch Frieden kann es für dich nicht geben, bis alles durchschaut und jegliche Ansichten und Konzepte vergessen sind.
Wir können einen noch so guten Guru haben, ja sogar von den Göttern lernen, jedoch kommt es darauf an, dass wir uns selbst von den Ansichten und Konzepten lösen.
“Wer wahre Zufriedenheit gefunden hat, läuft weder der Gesellschaft hinterher, noch flüchtet er in den Wald. Warum auch? Er lebt überall zufrieden, nicht abhängig, sondern unabhängig von irgendwelchen Umständen.”
Im Selbst liegt die wunschlose Freude die an keinerlei Bedingungen geknüpft ist, wenn dieses eine Selbst erkannt wurde gibts nichts mehr zu Suchen oder zu tun.
“Wo ist Sein oder Nichtsein? Wo ist Einheit oder Vielfalt? Doch wozu noch mehr der Worte? Da ist nichts, was sie mir noch hinzufügen könnten…”
हरी ओम् तत् सत्
Hari Om Tat Sat